Rechenscheibe LS-67

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
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patchman
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Rechenscheibe LS-67

Beitrag von patchman » 26.05.2006 21:44

So, heut brauche ich mal etwas Hilfe, und hoffe hier ist es richtig platziert.

Zum Thema:
In einem Stellwerk, welches mittlerweile auch fast "lost" ist (wird demnächst abgerissen), habe ich eine "Rechenscheibe LS-76" gefunden.
Die Rechenscheibe scheint für Berechnungen nach Kernwaffendetonationen gedacht zu sein. Kann mir jemand mehr dazu sagen oder hat vielleicht jemand ne Bediehnungsanleitung?

Gruß
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FishBowl
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Beitrag von FishBowl » 26.05.2006 22:31

Sehe das Teil zum ersten Mal, kann auf der Abbildung zudem kaum irgendwas entziffern.
Aber soweit ich weiss, gab's in den 60er / 70er Jahren diverse ernstgemeinte Überlegungen, wie man ermitteln könnte, wann und für wie lange nach einem Atomschlag die Bunker wieder zu verlassen seien.
Augenscheinlich dient dieses Ding genau dazu.

Ich nehme an, dass insbesondere die "zulässige" Expositionsdauer in der verstrahlten Umgebung ermittelt werden sollte, um irgendwelche wichtigen Dinge ausserhalb der Schutzräume zu erledigen, ohne direkt oder sehr bald zugrunde zu gehen oder anschliessend die Mitinsassen durch die aufgenommene Strahlung akut zu gefährden.

Dabei fallen mir sofort die "Reinigungskräfte" von Tschernobyl ein...

Allerdings halte ich schon den Ansatz für grundfalsch, denn der damals akut zu befürchtende nukleare Overkill hätte Europa dermassen verseucht, dass zunächst überlebende Bunkerinsassen vermutlich nicht zu beneiden gewesen wären, wie lange auch immer sie hätten dort durchhalten können...

In diesem unseren Lande hat man sich anscheinend ernsthaft Gedanken gemacht, wie man auch als zum Sterben Verurteilter noch Ordnung, Disziplin und Dienst aufrechterhalten kann.

Die Überlebenden würden die Toten beneiden.

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Godeke
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Beitrag von Godeke » 26.05.2006 23:37

Hallo :) ,

bei dem abgebildeten Teil handelt es sich um ein DDR-Produkt. Das westdeutsche Pendant gab es in einer Version für die KatS-Einsatzkräfte und etwas vereinfachter als Massenprodukt beim BVS. Die Funktionsweise wurde im sog. 'Grundlehrgang' erklärt.
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Beitrag von patchman » 27.05.2006 01:12

@FishBowl

hier die Bilder mal etwas größer. Vielleicht kannst du ja etwas mehr daraus herauslesen.

Gruß
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Beitrag von FishBowl » 28.05.2006 21:18

Danke, jetzt kann ich den Inhalt weitgehend lesen.
Kurz noch mit Irfanview auf 193% vergrössert (resample mit Lanczos-Filter), einmal nachgeschärft...

Offensichtlich geht's um Verfahren zur nachträglichen Bestimmung des Detonationszeitpunkts, Abschätzung der Strahlenbelastung nach Zonen, der Zerstörung nach Kaliber usw.

Ich hoffe sehr, dass NIEMAND jemals (wieder) in eine Situation gerät, wo er sowas benutzen muss.
Insofern halte ich eine Gebrauchsanleitung für sehr makaber und unnötig.
Insbesondere gehe ich davon aus, dass alle zu gewinnenden Daten letztlich nur der Fortführung kriegerischer Aktivitäten bzw. derer Kalkulation dienen sollten, mit Zivilschutz oder Evakuierungen hat das Teil nichts zu tun.
Um Tschernobyl hätte die Scheibe m.e. auch nicht helfen können.
Habe mich im Physik-Leistungskurs und dem Teil-Studium Experimentalphysik reichlich mit dem Thema beschäftigt, das reicht, um für immer genug davon zu haben.

Dieser Gegenstand sollte als Mahnmal gegen die immer noch drohende Vernichtung dieses Planeten dienen, nicht als Sammelobjekt oder Fanartikel, denke ich.

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patchman
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Beitrag von patchman » 31.05.2006 18:47

Hallo FishBowl,

danke für die Antwort. Aber wenn es sich so verhält wie du sagst, warum ist das Ding dann in einem "normalen" Stellwerk zu finden gewesen? Diese Frage will mir nicht mehr aus dem Kopf.

Gruß
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Beitrag von Godeke » 31.05.2006 20:27

Hallo :) ,

mal eine Vermutung: Die Bahn hatte -wie auch die Post und andere wichtige Verwaltungen- eigene Luftschutz- bzw. Zivilverteidigungseinheiten. Diese Einheiten hatten u.a. auch die Aufgabe, Waffenwirkungen zu beobachten, auszuwerten und weiterzumelden. Neben anderen Utensilien wie Fernglas, Meldevordrucke, Windmesser usw, gehörte auch die Rechenscheibe dazu. Eventuell handelt es sich um ein Relikt des Bahn-LS.
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