Luftschutzbau Typ Schindler

Luftschutzbunker, zivile Bunkeranlagen und Schutzbauwerke des 2. Weltkriegs
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MikeG
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Luftschutzbau Typ Schindler

Beitrag von MikeG » 26.04.2006 23:34

Moin!

1938 ließ der Schweizer Architekt einen runden, unterirdischen Schutzbau patentieren (nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, der Schweiz und möglicherweise weiteren Ländern). Dieses Patent habe ich auch schon in meinem Artikel über Luftschutztürme erwähnt, weil die Bauform beinahe an eine Art „vergrabenen Ringtreppenturm“ erinnert.

Meiner Frage dazu ist nun, ob ein Bau exakt nach genau diesem Patent jemals irgendwo realisiert wurde und wenn ja, wo (überall). Ein wenig erinnert die Anlage am Berliner Tor in Hamburg daran – aber eben nicht genau.

Mike


Patenschrift 656577
Gottfried Schindler in Zürich, Schweiz

Im Erdboden eingebauter Unterstand
Patentiert im Deutschen Reiche vom 22. Oktober 1935

Die Erfindung bezieht sich auf im Erdboden eingebaute, aus armiertem Beton bestehende Unterstände zum Schutz gegen Bomben- und Geschosswirkungen.

Man hat derartige als Luftschutzräume bezeichnete Unterstände in oder unterhalb der Keller von Wohnhäusern bereits angeordnet, indem man entweder das Kellergeschoss selbst oder ein darunterliegendes durch Eisenbeton von genügender Stärke gegen äußere Einwirkungen zu schützen suchte. Abgesehen davon, daß der auf diese Weise erzielte Schutz kein unter allen Umständen sicherer ist, stellen sich die Kosten außerordentlich hoch, namentlich wenn der Unterstand nicht vor Beginn des Hausbaues, sondern, wie größtenteils notwendig, erst hergestellt wird, wenn das Haus schon längst steht. Auch die Raumnutzung ist bei derartigen Unterständen eine schlechte, da das Verhältnis zwischen Angriffsfläche und unterzubringenden Schutzsuchenden sehr ungünstig ist. Der Zweck der Erfindung ist es daher, diese den bekannten Unterständen anhaftenden Nachteile zu beseitigen. Die somit gestellte Aufgabe wird im wesentlichen durch eine senkrechte Anordnung anstatt der bisher üblichen waagerechten erreicht, indem ein in den Erdboden abgesenkter, aus Eisenbeton bestehender und durch eine verstärkte Abschlusskappe nach oben abgeschlossener zylindrischer Mantel vorgesehen und durch waagerechte Zwischenböden versteift ist, welche Zwischenböden den Gesamtinnenraum in mehrere Stockwerke unterteilen und einen
zentralen Schacht für den Verkehr, für die Belüftung, die Kabelleitungen usw. frei lassen, wobei in dem zentralen Schacht eine die einzelnen Stockwerke miteinander verbindende Wendeltreppe angeordnet ist, deren Kern zweckmäßigerweise als Luftkamin ausgebildet ist.

Es ist ohne" weiteres verständlich, daß durch eine auf diese Weise erzielbare Übereinanderschachtelung der Aufenthaltsräume dem Angriff aus der Luft nur eine verhältnismäßig kleine Fläche geboten wird, wozu noch kommt, daß der ganze Unterstand tief genug in die Erde eingesenkt werden kann, um auch gegen die schwersten Luftbomben geschützt zu sein.
Der zentrale Schacht ermöglicht eine gute Verbindung zwischen den einzelnen Stockwerken und befindet sich an einer Stelle, die sowieso als Nutzraum nicht in Betracht kommt, während die Ringflächen jedes Stockwerkes in geeigneter Weise als Aufenthalts-, Schlaf- oder Wirtschaftsraum aufgeteilt werden können.

Die Anordnung sämtlicher Kabelleitungen, Belüftungseinrichtungen u. dgl. im Zentrum des Unterstandes, umgeben von der Wendeltreppe, macht eine Überwachung besonders einfach. Auch lassen sich natürlich auftretende Fehler in den Leitungen sehr bald erkennen und wieder beheben.

Auf der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel des Erfindungsgegenstandes schematisch dargestellt, und zwar zeigen:
Fig. 1 den Unterstand im senkrechten Schnitt und Fig. 2 den waagerechten Schnitt nach II-II der Fig. 1

Der Unterstand ist durch einen glockenförmigen, aus einem Zylindermantel a und einer Kuppel b bestehenden Außenmantel gebildet, der durch mehrere zentral durchbrochene Zwischenböden c versteift und in verschiedene Stockwerke unterteilt ist. Die Höhe der einzelnen Stockwerke ist so bemessen, daß die darin befindlichen Personen stehen können, ohne oben anzustoßen. Durch eine um einen zentral liegenden Luftschacht n angeordnete Wendeltreppe d ist die Verbindung zwischen den verschiedenen Stockwerken hergestellt. Auf jedem ringförmigen Zwischenboden c sind eine Anzahl nebeneinanderliegender Liegeplätze e in radialer Richtung angeordnet, auf denen die Personen mit dem Kopf nach außen und den Füßen nach innen liegen können. In jedem Stockwerk ist ein Sektor f als Waschraum samt Abort bestimmt. Eines der Stockwerke enthält Hilfsbedienungsräume, wie Küche, Krankenraum, Maschinenraum usw.
.
Die Belüftung erfolgt mittels eines bei j angeordneten Gebläses (nicht dargestellt) in geschlossenem Kreislauf, wobei eine Luftzirkulation in allen Stockwerken des Unterstandes mittels eines Luftkamins k erzielt wird, der an das Gebläse angeschlossen ist und längs der Wand des Zylindermantels a verläuft. An dem Kamin k sind eine Reihe Zweigleitungen m angeschlossen, die unter der Decke jedes Stockwerkes verlaufen und die Luft mittels Verteilöffnungen m verteilen. Durch den zentral liegenden Luftschacht n, der mit jedem Stockwerk durch eine Öffnung n in Verbindung steht, wird mittels einer Zweigleitung o die verbrauchte Luft dem Maschinenraum j zugeleitet. Hier wird sie gereinigt, von Kohlensäure befreit und wieder mit Sauerstoff beladen, worauf sie durch das Gebläse wieder dem Luftkamin k zugeführt wird.

Wenn es möglich ist, kann die Belüftung auch mittels eines außerhalb des Unter Standes liegenden Luftkamins erfolgen, der die Frischluft durch eine Luftleitung q und durch Filter dem Luftkamin k zuführt; hierbei wird die Abluft durch eine, an den Rückkamin n angeschlossene Leitung q. in die Atmosphäre geleitet.

Der Zylindermantel a des Unterstandes wird aus Eisenbeton in der Weise hergestellt, daß der Beton: zwischen konzentrische Verschalungsringe gegossen wird, die man nach und nach hochhebt. Der Beton wird durch irgendwelche geeignete Einrichtungen gestampft und vibriert. Der Grundteil des Zylindermantels a wird zweckmäßigerweise als ringförmige Schneide a', d. h. keilförmig, ausgebildet, wodurch das Absetzen des Zylindermantels erleichtert wird. Die ringförmigen Zwischenböden c werden ebenfalls in dem Maße des Hochsteigens der Wand a nach und nach aus Eisenbeton hergestellt. Zum Schluß wird die Kuppel b hergestellt, in der ein großer Tank u für Trinkwasser vorgesehen ist.

Schließlich wird der Unterstand mit einer dicken Schicht von Steinen oder anderen geeigneten Materialien überdeckt.
Dank der besonderen Ausbildung des Unterstandes kann derselbe ein großes Aufnahmevermögen erhalten, obschon sein Durchmesser verhältnismäßig klein ist, so daß der Unterstand in den Höfen von Gebäuden hergestellt werden kann.
Die dargestellte Ausführungsform ist selbstverständlich nur als Beispiel zu betrachten. So können die Anzahl und die Form der übereinanderliegenden Stockwerke sowie die inneren Einrichtungen derselben, die Belüftungseinrichtungen usw. verschieden sein.

Die beschriebene Ausführungsform des Unterstandes lässt sich zweckmäßigerweise dadurch vervollständigen, daß das untere Stockwerk mit einem Boden versehen wird, der in ähnlicher Weise wie die Kuppel b einen großen Raum zur Aufnahme des Abwassers enthält.

Patentansprüche:

1. Im Erdboden eingebauter Unterstand aus armiertem Beton, gekennzeichnet durch einen aus Eisenbeton bestehenden, durch eine verstärkte Abschlusskappe (b) nach oben abgeschlossenen zylindrischen Mantel (a), der durch waagerechte Zwischenböden (c) versteift ist, welche Zwischenböden den Gesamtinnenraum in mehrere Stockwerke unterteilen und einen zentralen Schacht für den Verkehr, für die Belüftung, die Kabelleitungen usw. frei lassen, wobei in dem zentralen Schacht eine die einzelnen Stockwerke miteinander verbindende Wendeltreppe (d) angeordnet ist, deren Kern zweckmäßigerweise als Luftkamin (n) ausgebildet ist.

2. Unterstand nach Anspruch 1., dadurch gekennzeichnet, daß in der Abschlusskappe (b) ein als Frischwasserbehälter dienender Hohlraum (v) vorgesehen ist.
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Oliver
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Beitrag von Oliver » 29.04.2006 11:04

Moin Mike,

ich war zwar leider noch nicht dort, allerdings soll das Zivilschutzmuseum Zürich in einem dreistökigen Rundbunker untergebracht sein (unterirdisch).

=> http://www.stadt-zuerich.ch/internet/pd ... useum.html


Gruß
Oliver

Chlempi

Luftschutzbunker Typ Schindler

Beitrag von Chlempi » 31.05.2006 20:41

Hallo,
Ich befasse mich mit Festungsbauten allgemein und habe auch schon einige Artikel zu diesem Thema in Wikipedia verfasst. Der Zufall wollte es das ich in der letzten Woche einen Luftschutzbunker Typ Schindler wie ihn das Patent beschreibt, fotografisch erfasst habe. Der "Schindlerturm" befindet sich auf einem Industrieareal in Bern (CH). Die Unterlagen und die verwendeten Materialien weisen auf die Erstellung des Turmes vor dem Jahr 1944 hin. Ich werde vorübergehend die Bilder auf meiner Homepage unter http://www.clement.li/schindlerturm veröffentlichen. Gruss Chlempi

bitti
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Beitrag von bitti » 01.06.2006 18:40

Interessante Bilder Chlempi.

Kannst du etwas zu den Abmaßen des Bunkers sagen?

bitti

Chlempi

Beitrag von Chlempi » 01.06.2006 21:02

Nun ich habe den Bunker nicht genau vermessen. Aber es handelt sich um vier Geschosse (erkennbar an den unterschiedlichen Farben der Mittelsäule). Der durchmesser beträgt ca. 6-7m. Geschosshöhe ca. 2m. Die Frischluft wird via Mittelsäule in dei Räume geblasen (erkennbar an den kleinen Löcher in der Säule. Die Abluft wird durch die Vierkantkanäle im Rauminnern wieder nach aussen geführt. Der Technikraum (Filter, Luftpumpe, Elektroverteilung) befindet sich in der obersten Etage (grau). Der Kommandoraum ist das 2. UG (rot), dannach die eigentlichen Aufenthaltsräume (grün und gelb). Pro Geschoss gibt es zwei WC und ein Waschbecken.

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Beitrag von Oliver » 04.06.2006 13:53

Hi Chlempi,

danke für Deine Bilder in der Tat ein interessantes Bauwerk.

Gruß
Oliver

Chlempi

Schutzraum Klein Typ Schindler

Beitrag von Chlempi » 05.10.2006 22:36

Hallo
Ich konnte einen Schuzraum Typ Schindler klein Patent Nr: CH-191040 fotografieren.
Das Patent findet ihr hier: PDF-Datei

Bilder sind hier zu finden: Bunker Schweiz PS: ohne Anmeldung nur beschränkte Sichtrechte.
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Beitrag von Oliver » 06.10.2006 17:52

Hi,

ganz vielen Dank für die Patentschrift und die Fotos. :thumbup:

Gruß
Oliver

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