Das ehemalige Armenhaus in Schüttorf (NDS)

Zivile und sonstige Bauten mit geschichtlichem Hintergrund und deutlichem Bezug zu den Fachthemen, die jedoch nicht eindeutig zuzuordnen sind
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Textiler
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Das ehemalige Armenhaus in Schüttorf (NDS)

Beitrag von Textiler » 19.08.2016 13:11

Wir befinden uns im Jahre 1891. Die Textilindustrie im Münsterland und der Grafschaft Bentheim ist in voller Blüte. Trotz des kleinen Wohlstands gibt es auch in der Textilhochburg Schüttorf einige Menschen, die nichts haben, als ihr Leben. Ein Armenhaus an der Vechte welches von der Heilig-Geist-Stiftung bereits 1387 erbaut wurde, ist baulich so weit herunter gekommen, dass es nicht mehr restauriert werden kann.

Auf „Eesmanns Erbe“, einem sandigen Esch im Osten der Stadt errichtet die Heilig-Geist-Stiftung ein neues Armenhaus. Acht Jahre später, also 1899 bereits sind viele der armen Personen gestorben. Viele jüngere haben mittlerweile auch Arbeit in der immer noch florierenden Textilindustrie gefunden. Der leerstehende Westflügel des Armenhauses wird zu einem Krankenhaus mit sechs Betten umgebaut.

Im Jahre 1904 wird deutlich, dass das Krankenhaus weder den Ansprüchen an den Brandschutz, geschweige den medizinischen Ansprüchen gerecht wird. Ein Textilabrikant stiftet der Stadt eine erhebliche Summe Geld, von der ein neues Krankenhaus am anderen Ende der Stadt, direkt am Wald erbaut werden kann. Das Krankenhaus wird nach seiner verstorbenen Frau „Annaheim“ benannt.

Doch zurück zum Armenhaus auf Eesmanns Erbe. Nachdem 1907 das Annaheim fertig gestellt ist, wird der Westflügel des Armenhauses geräumt. Das Armenhaus erhält eine neue Aufgabe. Es dient fortan als Altersheim. Hier konnten alte einsame Menschen bis zu ihrem Tod leben. Die Nutzung als Altersheim ist die längste Nutzungsperiode des markanten Gebäudes.
Nachdem man in den sechziger Jahren in unmittelbarer Nähe des Altersheims weitere ebenerdige altersgerechte Altenwohnungen errichtet, steht erneut ein Teil der Räumlichkeiten leer. Der städtische Bauhof und das DRK erhalten Räume und Unterstellmöglichkeiten für Fahrzeuge. Die angrenzenden Sportplätze erhalten im Keller des Gebäudes Dusch- und Umkleideräume. Im Obergeschoss werden Wohnungen errichtet.

In den siebziger Jahren muss aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge eine Notlösung für die Grundschulen gefunden werden. Man behilft sich bis zur baulichen Erweiterung der Schulen mit Klassenräumen im ehemaligen Altersheim. Nachdem die Schulklassen wieder ausziehen, können die Räume ab 1979 bis 1982 für ein Jugendzentrum genutzt werden.

Nach und nach ziehen das DRK und der Bauhof aus. In der folgenden Zeit wird das Altersheim vorwiegend von den Sportvereinen genutzt. Seit Mitte der neunziger Jahre steht das Gebäude komplett leer. Mehrfach wird versucht, einen Investor zu bekommen, um das markante Gebäude für eine Neunutzung zu erhalten. Der letzte Besitzer hat ein paar bauliche Dinge wie z. B. eine rollstuhlgerechte Rampe erbaut, hat das Objekt aber wieder abgestoßen. Die Natur hat sich seitdem ein paar Quadratmeter erobert. Alle Versuche, das Gebäude irgendwie noch erhalten zu können, schlagen mangels interessierten Investoren fehl.

Im Sommer 2014 wird der Gebäudekomplex abgerissen. Ein Baugebiet wird geplant. Vielleicht erinnern einmal die Straßennamen an die Geschichte dieses Ortes.

Stand: August 2016
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