Heizkraftwerk der Heilstätten Beelitz

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Käptn Blaubär
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Heizkraftwerk der Heilstätten Beelitz

Beitrag von Käptn Blaubär » 14.08.2011 18:34

Moin!

Die Beelitzer Heilstätten werden vielen hier wahrscheinlich ein Begriff sein. Nicht so bekannt ist das zur Anlage gehörende Heizkraftwerk und seine technikhistorische Bedeutung.

Die Beelitzer Heilstätten wurden ab 1898 von der Landesversicherungsanstalt Berlin als Lungenheilstätte und Sanatorium errichtet. Der Komplex war eine der größten seiner Art und galt damals und bis heute in konzeptioneller, medizinischer und auch architektonischer Hinsicht als Musteranlage.

Die Heilstätten wurden damals praktisch auf der grünen Wiese (besser: mitten im Fichtenwald) errichtet. Außer einer Bahnstation gab es dort nichts als Ruhe und saubere, staubfreie Luft – genau das, was für die Behandlung Tuberkulosekranker unbedingt nötig war. Die Anlage musste und sollte daher weitgehend autark betrieben werden. Für die Versorgung mit Nahrungsmitteln gab es zwei eigene Gutshöfe und auf dem Gelände selbst eine eigene Gärtnerei, eine Fleischerei und eine Bäckerei. Für die Versorgung mit Trinkwasser gab es eigene Tiefbrunnen und auch die Versorgung mit Wärme und Energie musste in Eigenregie organisiert werden. Dafür wurde ein zentrales Heizkraftwerk errichtet. Der dort erzeugte Dampf wurde für den Antrieb von Stromgeneratoren verwandt und anschließend für die Beheizung der Gebäude und die Warmwasserbereitung genutzt. Dieses heute wieder sehr aktuelle Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung wurde in den Beelitzer Heilstätten erstmals in Deutschland angewandt.

Ein besonderer Glücksfall ist die Erhaltung der originalen technischen Einrichtung des Heizkraftwerks. Um 1900 wurden zur Stromerzeugung zunächst zwei stehende Zweikurbel-Verbund-Gegendruck-Dampfmaschinen von Borsig mit ca. 150 PS installiert. Diese waren fest gekuppelt mit je einem Gleichstromgenerator der AEG mit ca. 85 KW Leistung (240 – 300 V, 280 – 340 A). 1929 wurden zusätzlich zwei Kondensations-Turbinen von Brown Boveri & Cie. (BBC) installiert, die mit je einem 450 KW-Drehstromgenerator verbunden waren. Die Einspeisung in das Gleichstromnetz erfolgte über Quecksilberdampfgleichrichter. Das Gleichstromnetz der Heilstätten war noch bis 1970 in Betrieb, bis Ende der 70er Jahre wurde noch Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Sowohl die beiden Dampfmaschine-Generator-Kombinationen, als auch die beiden Turbosätze sind noch heute im Original vorhanden und in dieser Kombination vermutlich einzigartig.

Für die Dampferzeugung waren zunächst fünf Zweiflammrohrkessel mit je 100 qm Heizfläche installiert. Die Kesselanlage wurde allerdings das erste Mal schon Ende der 20er Jahre und zuletzt 1970 erneuert und ist damit heute nur noch in der ursprünglichen Konzeption und Anordnung, nicht aber in der originalen Ausstattung vorhanden. Die Kesselanlage war zur Heizdampferzeugung noch bis 1994 in Betrieb.
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Das Leben ist kurz, behauptet man.
Ansichtssache, sage ich. Die einen sind kurz, die anderen sind lang, und manche sind mittel.
Außerdem hatte ich noch dreizehneinhalb andere davon.
(Walter Moers, Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär)

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Käptn Blaubär
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Beitrag von Käptn Blaubär » 14.08.2011 18:39

Der Abdampf der Dampfmaschinen und Turbinen wurde durch ein unterirdisches Leitungsnetz zu allen Gebäuden der Heilstätten geführt und dort zur Beheizung und Warmwasserbereitung, aber auch zur Desinfektion und Sterilisation, für medizinische Anwendungen und für Küchen und Wäschereien verwandt. Die Krankengebäude selbst kamen damit ohne staubende und rußende Kohleheizungen aus.

Das Heizkraftwerk mit dem Heiz- und Maschinenhaus, den Pumpenhäusern und dem 43 m hohen Wasserturm steht seit 1995 unter Denkmalschutz. 1996 wurden diese Gebäude vom Landkreis Potsdam-Mittelmark übernommen und die Gebäudehülle mit EU-Fördermitteln saniert. Seit 1996 kümmert sich ein Förderverein um das technische Denkmal mit dem Ziel, die einzigartige Anlage dauerhaft zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Informationen und Termine der öffentlichen Führungen (u.a regelmäßig am Tag des offenen Denkmals am zweiten Septemberwochenende) gibt es unter

http://www.heilstaetten.beelitz-online. ... twerk.html

Viele Grüße

Michael
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