Größtes Mun-Depot in Westeuropa?

Depots, Tanklager, Munitionsniederlagen, Versorgungs- und Nachschub-Infrastruktur des Militärs
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HW (†)
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Beitrag von HW (†) » 03.02.2006 14:04

Kleine Ergänzung dazu:
Bis zum direkten Abtransport der chemischen Kampfstoffe (über 100.000 Giftgasgranaten) im Jahr 1990 glaubte die Bevölkerung in der Pfalz, dass in Fischbach diese Kampfstoffe gelagert waren. Hatte man doch auch das Depot dort so hergerichtet (Luftschleusen etc.), als ob hier die Kampfstoffe gelagert waren. Ja noch in der Planung des Abtransportes der Kampstoffe zur Vernichtung plante man den Abtransport von dem Bahnanschluss in Wieslautern (Nähe Fischbach). Tatsächlich lagerten aber die Kampfstoffe im Depot Clausen bei Pirmasens.
Unter den Decknamen "Aktion Lindwurm" wurden die chemischen Kampfstoffe dann 1990 unter Mithilfe der Bundeswehr (ABC-Truppen, Feldjäger, Logistik-Truppen) abtransportiet.


Fürfeld liegt aber nicht mehr im Pfälzer Wald sondern, wie von Rick auch geschrieben, bei Bad Kreuznach. Ich meine auch, dass im Depot Fürfeld mal die Franzosen waren (bin mir da aber nicht sicher). Südlich von Fürfeld hatten die Amerikaner bei Kriegsfeld und Gerbach sehr große Depots. Ein Teil wurde in den 90er Jahren von der Bundeswehr übernommen.

Rick (†)

Gerbach

Beitrag von Rick (†) » 03.02.2006 14:38

Hallo Hermann,
prima Überleitung. Es folgt im Alphabet Gerbach (ohne Koordinaten, aber 11 km westlich Kirchheim-Bolanden und 2 km südwestlich Gerbach). Dort lagerten auf 1.500 x 1.500 m in 306 unterirdischen Bunkern die üblichen "Gefechtsköpfe und Granaten mit Kernladung."

Clausen gab es damals zumindest unter dem Namen noch nicht, und eine Lagerung von B- oder C-Waffen hatte der Osten auch noch nicht erkannt oder zumindest nicht identifiziert.

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 03.02.2006 15:55

Hi!

Der Abtransport der CW lief bei den Amis unter dem Namen "Operation Steel Box" - und so findet man bei Google auch allerhand Interessantes ...

Mike

Claus P.
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Beitrag von Claus P. » 03.02.2006 16:30

Hallo
War damals bei Mutlangen von der US-Army nicht auch ein riesiges Depot wo die Pershings lagerten und die dann gegen Ende der 80er Jahre unter viel Presserummel und Bürgerproteste abgefahren wurden ? Ich kann mich noch gut an Fernsehbilder in den Nachrichten erinnern .

Mfg Claus

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Oliver
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Beitrag von Oliver » 03.02.2006 19:36

hi zusammen,

jepp Mutlangen war auch Pershing-Site wobei ich der Meinung bin dass die Liegenschaft nicht direkt in Mutlangen war, aber das Thema insgesamt hatten wir auch shon ml...

viewtopic.php?t=2741&highlight=mutlangen
viewtopic.php?t=3020&highlight=mutlangen

Einfach mal Mutlangen in die Forum-Suche hacken.

Gruß
Oliver

Rick (†)

Gersbach

Beitrag von Rick (†) » 08.02.2006 22:53

Und wir wandern in Rheinland-Pfalz eine Station weiter, nach Gersbach (49°12'33'' N, 07°33'19''; 3,5 km nordwestlich Pirmasens, 0,5 km nordnordwestlich Gersbach). In einer Stollenanlage mit fünf Eingängen ruhten hier auf 998 qm bzw. in 2.632 cbm Gefechtsköpfe und Granaten mit Kernladung.

Rick (†)

Brüggen-Bracht 1958-68

Beitrag von Rick (†) » 09.02.2006 19:01

18.06.58
1. Das Munitionsdepot Brüggen-Bracht umfasst eine Gesamtfläche von 1.300 ha, davon 500 ha im Eigentum der Gemeinde Bracht und 230 ha in demjenigen der Gemeinde Brüggen. Die restliche Fläche stammt aus dem Besitz von 240 privaten Eigentümern und ist offenbar zum größten Teil beschlagnahmt. Bisher wurden von diesen privaten Eigentümern jedoch 33 Kaufverträge abgeschlossen.

Die Gesamtanlage wurde mit einem bisherigen Kostenaufwand von 15 Mill. DM errichtet. Im Depot befinden sich sowohl feste mehrgeschoßige Kasernen als auch barackenähnliche Unterkünfte und Verwaltungsgebäude sowie 36 Feuerlöschteiche.

Seitens der betroffenen Gemeinden und des Landes besteht der Wunsch, dass der Bund die Flächen möglichst ankaufen möge, damit einerseits eine angemessenen Entschädigung der Eigentümer erreicht werde, andererseits die Pflege der Liegenschaft - insbesondere des Waldes - durch deutsche Bedienstete gewährleistet werde. Da sich die britischen Truppen für den Zustand der Liegenschaft kaum verantwortlich fühlten und, wann immer nützlich, neue Munitionseinlagerungen vorgenommen würden, drohe sonst die allmähliche Verwüstung des Brachter Waldes.

2. Im Munitionsdepot Twisteden, insgesamt 144 ha groß, herrschen ähnliche Verhältnisse wie in Brüggen-Bracht. Der Gemeinde Twisteden gehören 132 ha. Sie lehnt einen Verkauf jedoch ab, da dies ihr einziges Waldgelände sei, und möchte nur ein Nutzungsverhältnis eingehen. Dahinter steht die Befürchtung, dass bei einem Verkauf an den Bund kein fairer Preis zu erzielen sei und dass nach einer Rückgabe durch die Briten die Liegenschaft möglicherweise durch den Bund weiter genutzt werde. Letztere Vermutung ist nicht ganz unberechtigt, wie sich zeigen wird.

Der bisherige Aufwand für das Munitionslager liegt bei DM 900.000; es bestehen barackenähnliche Wohnlager und sechs Feuerlöschteiche.

3. Des weiteren geht es um das Depot Mönchengladbach, das auf privatem und städtischem Gelände auf dem ehemaligen Flughafen sowie in einem 38 ha großen Waldstück am Südostrand des Depots liegt. Dieses befindet sich im Eigentum der Stadt Rheydt (Rheydter Stadtwald). Auf dem Gelände stehen umfangreiche Bauten im Wert von ca. 2 Mill. DM. Die Briten haben angeblich langfristigen Bedarf an dem Depot, das vom 17th Vehicle Battalion betrieben wird.

Es besteht Einmütigkeit, dass dieses Gelände vom Bund erworben werden solle, aber noch keine Klarheit darüber, ob die Bundeswehr die Liegenschaft später zu übernehmen gedenke.

26.06.59
Die Bundeswehr schätzt die drei Lager als für die Zwecke der Landesverteidigung so wichtig ein, dass sie in Bundeseigentum überführt werden sollen.

26.10.59
Die britischen Streitkräfte stimmen der von der Stadt Rheydt erwünschten Freigabe der nicht bebauten Teile des Stadtwaldes zu.

05.12.59
Die deutsche Luftwaffe muss das Munitionslager Wahn, wie verlautet, in spätestens drei Jahren räumen. Sie äußert daher Interesse an allen drei britischen Lagern und erbittet Auskunft darüber, wann eine Freigabe durch die Briten zu erwarten sei. Am 27.01.60 kommt die Antwort, dass mit einer Freigabe in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei.

21.09.60
Für das Lager Brüggen-Bracht wird durch die deutschen Behörden ein Schutzbereich erlassen.

24.04.61
Die in Privatbesitz befindlichen Teile des Munitionsdepots Twisteden sind inzwischen durch den Bund aufgekauft worden. Die Gemeinde Twisteden wehrt sich aber weiterhin gegen den Verkauf, bietet aber den Abschluss eines Nutzungsverhältnisses an, um einer Enteignung zu entgehen und später den Wald zurück zu bekommen.

14.06.62
Die örtlichen Dienststellen haben sich im Raumordnungsverfahren gegen den Ausbau des Munitions-Behelfslagers Herongen zum Teildepot Munition des Mischdepots Niederrhein der Bundeswehr ausgesprochen.

Zur Verringerung der Sicherheitsabstände zwischen den einzelnen Munitionslagerplätzen wird im Depot Brüggen-Bracht die Verbunkerung vorgeschlagen. Bisher ist die Munition fast ausschließlich in Nissenhütten untergebracht. Durch die Verbunkerung der Munitionslagerung könnte die Fläche des Depots auf ein Drittel verringert werden. Die freiwerdenden Flächen ließen sich dann zum Ausbau des Teildepots Munition des Mischdepots Niederrhein heranziehen.

21.02.63
Die britischen Streitkräfte stimmen der Verbunkerung und der anschließenden Geländefreigabe im Südwesten der Anlage (ca. 711 ha) sowie der Aufgabe des Munitionsdepots Kevelaer (150 ha) grundsätzlich zu. Voraussetzung für die Aufgabe von Kevelaer ist allerdings die Fertigstellung eines neuen Munitionsdepots im Raum Hamm-Münster. (Dabei handelt es sich um das Projekt „Warburg“, für das der Interministerielle Ausschuss des Landes NRW im März ein Gelände bei Altenbeken benennen werde.) Dieses Depot könnte ca. 1966 bereit stehen, was dann einen Ausbau des bisherigen britischen Depots Kevelaer zu einem Munitionsdepot 10.000 t der Basis-Organisation der Bundeswehr erlauben würde.

Eine Verbunkerung in Brüggen-Bracht ist trotz offenbar schon existierender britischer Baupläne kurzfristig nur möglich, wenn Land oder Bund sich an den Kosten beteiligen. Nach erfolgter Verbunkerung wollen die Briten 25.000 t Munition einlagern. Ein zusätzliches Munitionsdepot der Bundeswehr auf den freizugebenden Flächen wird abgelehnt, da eine Einlagerung von mehr als 25.000 t in dem geschlossenen Areal nicht vertretbar sei. Unter diesen Vorzeichen besteht für die Bundeswehr kein Interesse mehr an einer Verbunkerung der britischen Anlage.

18.03.63
Nach Abgabe kleinerer Flächen für zivile Zwecke beträgt die Größe von Brüggen-Bracht jetzt noch 1.233 ha. Im Falle einer Verbunkerung wird eine Verringerung der Fläche, auf die Gemeinden und Land NRW weiter drängen, auf ca. 500 ha für möglich gehalten.

1965-66
Um Flächen im Westen von Brüggen-Bracht wieder für den Ton-Abbau nutzen zu können, drängen Gemeinden und Land auf weitere Freigaben. Diese scheitern aber daran, dass in einem solchen Falle die Sicherheitsabstände in dem Lager nicht mehr eingehalten werden könnten.

05.03.68
Die Briten sind angeblich bereit, Brüggen-Bracht ganz aufzugeben, sobald das neue Depot in Pömbsen fertiggestellt ist.

(Quelle: BA-MA, BW1/58266, Brüggen-Brachter Wald, Britisches Munitionslager, 1958-67.)

Rick (†)

Hauenstein

Beitrag von Rick (†) » 10.02.2006 13:13

Wir setzen unsere kleine Reise durch RLP fort und kommen nach Hauenstein (17 km östlich Pirmasens, 1,5 km westlich Hauenstein), wo in drei unterirdischen Bunkern von je 40 x 70 x 6 m Größe "Raketen" lagerten.

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EricZ
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Beitrag von EricZ » 10.02.2006 13:47

Moin Rick,

daß in Deinem vorletzten Beitrag erwähnte Depot in Prömbsen hatten wir kurz hier thematisiert: Prömbsen

Ist wohl deutlich kleiner geblieben, als das Brachter Depot...

Grüße, Eric
And I'm hovering like a fly, waiting for the windshield on the freeway...

Rick (†)

Beitrag von Rick (†) » 10.02.2006 14:11

Hallo Eric,
wollte ja nur mal die Aktenlage wiedergeben, soweit zugänglich. Ich fand interessant, wie früh eigentlich schon eine Freigabe erwartet wurde und wie große Geländeeinsparungen durch eine geordnete und verbunkerte Munitionseinlagerung zu erzielen gewesen wären (bzw. sind). Außerdem, wie die Bundeswehr immer auf dem Sprung war, um die beschlagnahmten Liegenschaften für eigene Zwecke in Anspruch zu nehmen.
Gruß
Rick

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