Der Bunker und ich (Dienststelle Marienthal)

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
mhinc

Der Bunker und ich (Dienststelle Marienthal)

Beitrag von mhinc » 25.09.2003 18:14

Ich möchte ganz kurz erzählen, wie ich zur Dienststelle Marienthal stehe:
Erstmals gelesen hatte ich von diesem Bauwerk im Jahre 1984, ganz zufällig, in einer kleinen Randnotiz im Spiegel, den mein Vater zu dieser Zeit regelmäßig las. Ich bin übrigens Jahrgang 1967. Diese Notiz behandelte das Buch "Vom Bunker der Bundesregierung" von Michael Preute, welches ich mir dann auch sofort gekauft habe. Das Thema faszinierte mich derart, lies mich einfach nicht mehr los - ich verschlang dieses Buch, obwohl ja handfeste Daten und Fakten ja eher Mangelware waren. Trotzdem las ich es insgesamt mindestens fünf mal. In 1987 machte ich dann mit Freunden eine Motorradtour in die Eifel, dabei kamen wir auch durch Marienthal. Ich entdeckte auch, wie bei Preute beschrieben, den Weg zur Weinbaudomäne und zum Rotweinwanderweg. Leider traute ich mich aber ob der ganzen Geheimhaltungsgeschichten nicht, mich dem Eingang zu nähern. In der Folge geriet der Bunker ein in den Hintergrund, bis ich am 27.07.2001 in unserer Lokalpresse einen Artikel las, in dem von der Schließung der Dienststelle zum 15.08.2001 berichtet wurde. Daraufhin habe ich im Internet mal nach "Regierungsbunker" gesucht und als erstes Ihre Seite gefunden, für die sehr dankbar bin. Ich erfuhr auf diese Art und Weise von den Sendungen in N3 und der ARD, die ich ansonsten bestimmt verpasst hätte.
Außerdem entschied ich mich spontan, einen freien Tag zu nutzen, um mir am 10.08., kurz vor der Schließung, mit eigenen Augen ein Bild zu machen - zumindest von Außen - und einfach mit dem Wissen, was ich inzwischen aus dem Internet hierüber hatte, die Atmosphäre dort auf mich wirken zu lassen. Ich setzte mich also an diesem Freitagmorgen hier in Hannover ins Auto und fuhr los - keine Ahnung, was mich dort erwartete. Ich befürchtete schon, dass sich nach den Fernsehsendungen ein wahrer Bunkertourismus eingestellt haben könnte. Nach 3 1/2 Sunden kam ich dann auch an dem ominösen Autobahnparkplatz, der als Landebahn dienen kann, vorbei, hielt an, stieg aus, sah die Überwachungskameras und fühlte eine unglaubliche Spannung in mir. Schnell legte ich letzten Kilometer bis Marienthal zurück, immer mit den Augen halb auf der Straße und halb in den Weinbergen, auf der Suche nach irgendwelchen Zeugnissen dessen, was sich dort im Berg befindet. Ich parkte schließlich meinen Wagen unten im Tal und legte die letzten Meter zu Fuß zurück. Ich bekam ganz feuchte Hände vor Aufregung, als ich dann die umzäunten Eingangsbauwerke direkt vor mir sah. Zuerst ging ich vorbei, kein Mensch war zu sehen. Ich wollte mich schon wieder auf den Heimweg machen - ich konnte zumindest sagen, "ich bin dort gewesen" - als einige Arbeiter aus dem Bunker auf den Platz vor dem Eingang kamen. Ich nahm allen meinen Mut zusammen und begann durch den Zaun ein Gespräch, wo ich herkäme, dass ich dort eigentlich viel mehr Neugierige erwartet hätte und dass ich im Internet eine Menge über den Bunker gefunden hätte. Wir haben dann ein paar Internetadressen ausgetauscht und die Männer sagten mir, wenn ich mehr über die Anlage erfahren wollte, sollte ich mich an einen bestimmten Kollegen wenden. Wie ich im Nachhinein erfuhr, war das Herr M.. Ich nahm nochmals all meinen Mut zusammen und fragte ihn, ob ich denn vielleicht mal kurz hineinschauen dürfte. Er bejahte und nahm mich mit! Er zeigte mir die ersten Schleusen, erklärte mir den Eingang und lies sogar das Drucktor für mich auf- und zufahren. Ein paar Meter könne er mich in die Anlage mit hineinnehmen, dann wäre aber leider Schluss, weil er Besuch bekäme. Das war für mich schon mehr, als ich mir jemals erhofft hatte. Der Besuch kam dann auch - es war sein Enkel, dem er noch mal seinen Arbeitsplatz zeigen wollte. Schließlich war er von Anfang an dabei, hat die Anlage mit gebaut. Er bestieg dann einen Elektrokarren, setzte seinen Enkel hintendrauf - und hat mich dann gefragt, ob ich vielleicht auch mitkommen wolle! Es war einfach phantastisch - er hat und den ganzen Bauteil Ost/West und noch ein bisschen mehr gezeigt, wofür ich ihm mehr als dankbar bin.

Zuletzt war ich übrigens vor zwei Wochen dort...

Meine persönlichen "Bunker-Favoriten":
http://www.rheinhit.de/bunkerland/default.htm
http://www.bonner-illu.de/bonnnews/0201 ... er_01.html
http://www.bunker-ig.de/intro/start/start.html
http://online.wdr.de/online/kultur/regi ... ndex.phtml
http://home.t-online.de/home/Ralf.Suertenich/bunker.htm
http://www.bunkernetzwerk.de/nuke/index.php
http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/h ... 000.39.htm
http://www.dienststellemarienthal.de
http://www.mobiltom.de/schaechte/bundesbunker.html
http://www.luftschutz-bunker.de
http://www.ddr-suche.de/pages/NVA/ (hier kann man wieder auf diverse Bunkerseiten verzweigen)

Eine tolle Dokumentation (inkl. Pläne!) habe ich mir hier bestellt:
http://deutschesatlantikwallarchiv.de/prod02.htm (Sonderband 27)

Ich freue mich auf weitere Beiträge und bin dankbar für jede Info und jedes Foto zu diesem Thema!

LG - Markus

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Oliver
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Beitrag von Oliver » 25.09.2003 19:53

Hi,

wie sieht es denn dort mittlerweile aus ?
Angeblich sollne ja weite Teile der Anlage zurückgebaut sein. Oder wird mann nun doch zumindest Teile der Anlage erhalten ?

Falls sich ein Besuch noch lohnt würde ich es mir schwer überlegen doch noch den Weg auf mich zu nehmen.

Gruß
Oliver

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Beitrag von MikeG » 25.09.2003 21:33

Moin!

So etwa 150-300m werden als Museum erhalten. Das ist aber nur ganz wenig über den Schleusenbereich hinaus. Plenarsaal etc. sind inzwischen längst abgerissen.

Mike

mhinc

Beitrag von mhinc » 26.09.2003 12:19

Oliver hat geschrieben:Hi,

wie sieht es denn dort mittlerweile aus ?
Angeblich sollne ja weite Teile der Anlage zurückgebaut sein. Oder wird mann nun doch zumindest Teile der Anlage erhalten ?

Falls sich ein Besuch noch lohnt würde ich es mir schwer überlegen doch noch den Weg auf mich zu nehmen.

Gruß
Oliver
Hi Oliver,

vor zwei Wochen sah es dort gruselig aus. Überall Trümmer und Schuttcontainer. Es gibt mittlerweile einen großen Bauzaun und es stehen überall Schilder, dass die Baustelle von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht wird.
Da ich in Bankklamotten da war, habe ich mich weiter hinein getraut.

Aktuelle Bilder vom Rückbau findest Du hier:
http://home.t-online.de/home/Ralf.Suertenich/marien.htm
http://www.mobiltom.de/schaechte/bundesbunker.html

Markus

mhinc

Beitrag von mhinc » 26.09.2003 12:20

MikeG hat geschrieben:Moin!

So etwa 150-300m werden als Museum erhalten. Das ist aber nur ganz wenig über den Schleusenbereich hinaus. Plenarsaal etc. sind inzwischen längst abgerissen.

Mike
Hi Mike,

wäre ja toll! Höre ich in zum ersten Mal. Woher hast Du diese Info? Weißt Du auch, welcher Teil erhalten werden soll?

Gruß
Markus

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Beitrag von MikeG » 26.09.2003 13:16

Moin!

Das stammt von Herrn M., ich hab aber auch schon irgendwo darüber gelesen. Es ist ganz im Westen, dort war auch eine Markierung "ab hier Museum". Es wird eine Aussenstelle des DHM oder DM.

Mike

Darkone

Beitrag von Darkone » 27.09.2003 21:41

Hm, könnte mir jemand erklären wieso dieser Bunker abgerissen wird und nicht einfach so belassen wird, dann halt ohne Wartung oder was wären die Folgen?

Micha

Beitrag von Micha » 28.09.2003 02:14

Darkone hat geschrieben:Hm, könnte mir jemand erklären wieso dieser Bunker abgerissen wird und nicht einfach so belassen wird, dann halt ohne Wartung oder was wären die Folgen?
Also, der Grund für den Rückbau bzw. Abriß sollen in erster Linie die immensen Unterhaltskosten gewesen sein, daneben war die technische Ausstattung absolut nicht mehr auf dem neuesten Stand (immerhin wurde der Bunker ja in den 60er Jahren erbaut) und drittens sieht man angeblich (*) keine Notwendigkeit mehr für ein solches Bauwerk, da der Kalte Krieg ja vorbei ist.

Würde man den Bunker sich selbst überlassen, d.h. alle Aggregate abschalten und keine Wartungen mehr durchführen, würde der Betonklotz m.W. sicherlich mit Wasser volllaufen (gab mal Berichte drüber).

(*) Laut NATO-Statuten soll ja jeder Mitgliedsstaat verpflichtet sein, einen Regierungsbunker zu unterhalten. Ob dieses "Gesetz" geändert wurde oder ob - interessante Frage - nun woanders ein Regierungsbunker gebaut werden soll, entzieht sich meiner Kenntnis

mhinc

Beitrag von mhinc » 28.09.2003 08:44

Die Anlage wird tatsächlich volllaufen. Am Tag sickern mehrere hundert Liter Wasser durch das Schiefergestein in die Röhren. Komplett ausgeräumt werden diese, damit keinerlei Schadstoffe ausgespült werden können. Man will sogar die Farbe von den Wänden entfernen!!!

Markus

mhinc

Beitrag von mhinc » 29.09.2003 09:23

Micha hat geschrieben: Also, der Grund für den Rückbau bzw. Abriß sollen in erster Linie die immensen Unterhaltskosten gewesen sein, daneben war die technische Ausstattung absolut nicht mehr auf dem neuesten Stand (immerhin wurde der Bunker ja in den 60er Jahren erbaut) ...
Die Stromrechnung belief sich zum Schluss, als nur noch wenig Beleuchtung und die Wasserpumpen liefen, auf immerhin ca. DM 25.000,- pro Monat.

Interessant ist, dass selbst nach Beschluss über die Schließung noch für viel Geld einige Dieselgeneratoren ausgetauscht worden sind!

Markus

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