Bonner Republik

Zivile und sonstige Bauten mit geschichtlichem Hintergrund und deutlichem Bezug zu den Fachthemen, die jedoch nicht eindeutig zuzuordnen sind
Pogg 3000
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Bonner Republik

Beitrag von Pogg 3000 » 30.11.2014 20:02

Hallo Zusammen,

die Geschichte der DDR-Alltagskultur ist von Knusperflocken bis Eierbechern heute in Büchern, Museen oder Medien gut bis sehr gut dokumentiert.

Aber wie sieht es mit der BRD-Alltagskultur aus? Prilblumen oder Heinz Schenk? Was war "Typisch BRD"?


...auf schöne Erinnerungen freut sich: Thomas



(Auch so eine Legende: Sabine und Thomas sollen typische Vornamen der frühen 1960er sein, entstanden nach einem Comicstrip der damals natürlich auch anderst hies.)

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 01.12.2014 13:43

Moin!

Da stellt sich sicher die Frage, ob man das aus subjektiver (West-/Ost-)Sicht betrachtet oder versucht, es objektiv zu betrachten.

Fraglos ist sicher, dass viele "typisch Westdeutsche" Dinge dieser Zeit ganz stark von den Alliierten, vor allem sicher den Amerikanern, geprägt waren. Vieles davon war Zufall, vieles aber auch gezielte Propaganda. Besonders die frühen Jahre der jungen BRD waren ja auch stark von Propaganda und "Erziehung zur Demokratie" geprägt.

Was empfinde ich an der Zeit zwischen 1949 und 1989 als "typisch BRD"?

Sicherlich Fernsehserien wie "Der Komissar", "Die fünfte Kolonne" oder "Stahlnetz". Oder das Gegenstück zum "Schwarzen Kanal", das im Westen etwas gemäßigter daher kam und "Kennzeichen D" hieß.

Die Zeit des Wiederaufbaus brachte aber auch den ziemlich typischen 50er-Jahre-Wohnblock hervor, das Gegenstück zum DDR-Plattenbau sozusagen.

Interessant auch die Autos der Zeit - von etwa 1953 bis zur Ölkrise orientierten sich deutsche Autohersteller immer recht stark an der Optik aus den USA - nur eben auf die damaligen, hiesigen Verhältnisse "herunterskaliert". Man denke da an Opel Rekord und Kapitän und die Fords der 1950er, später den Opel GT (Mini-Corvette) oder Opel Manta A und Ford Capri (beide Mini-Musclecars).

Das sind so meine ganz persönlichen Einfälle zum Thema, ganz ohne Anspruch auf Objektivität oder Richtigkeit - aber zumindest von einem Wessi auf den Westen geschaut. Und dabei erscheinen vielleicht ganz andere Dinge typisch als aus "Ossi-Sicht".

Nicht uninteressant.

Mike

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turul
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Beitrag von turul » 01.12.2014 14:13

MikeG hat geschrieben:Oder das Gegenstück zum "Schwarzen Kanal", das im Westen etwas gemäßigter daher kam und "Kennzeichen D" hieß.
Entschuldige, wenn ich hier widerspreche. Das westdeutsche Gegenstück zum "Schwarzen Kanal" war Gerhard Löwenthal mit dem "ZDF-Magazin", der ebenso stark polarisierte wie dies Schnitzler im Osten tat.

"Kennzeichen D" stand dagegen im Zeichen der Entspannungspolitik und bemühte sich ein einigermassen objektives Bild der DDR zu zeichnen. Hervorragend finde ich immer noch die Titelmusik von Kennzeichen D - "Ruckzuck" von KRAFTWERK.

Grüsse
Jörg

isch
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Beitrag von isch » 01.12.2014 17:06

Hallo,

von mir mal auch einen kleinen Widerspruch.
Die ersten Plattenbauten entstanden ab 1920 in den USA. Die 50er Jahre Wohnblöcke wurden in der DDR auch noch Stein auf Stein gemauert.
Die Plattenbauweise setzte sich aber in beiden Teilen Deutschlands Ende der 60er Jahre, anfang der 70er Jahre durch.

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 01.12.2014 18:51

Moin!

Oh, Verwechselung, Löwenthal meinte ich, das passt schon - Danke für die Richtigstellung.

Bei den Plattenbauten ist mir schon klar, dass es diese auch andernorts und schon vor dem 2. Weltkrieg gab - aber letztlich war gefragt, was man "gefühlt" so für "typisch BRD" hielte. Und zumindest für mich gehören die 50er-Jahre-Blöcke schon dazu: Wiederaufbau, Wohnraum schaffen etc...

Aber ich gebe die Eingangsfrage mal weiter in die Runde: Was halten denn andere hier für "typisch BRD 1949-1989"?

Mike

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Djensi
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Beitrag von Djensi » 02.12.2014 12:11

Moin,

ohauerha, da fällt einem doch eine Menge ein und einige Dinge konnten sich ja bis heute behaupten oder haben als Produkt bereits ihren 2. Frühling erlebt.

Bei den Automobilen fängt es an, welcher ist typisch BRD, der Käfer, der Opel Kapitän, der DKW aus der frühen Phase der Republik? Später waren andere Modelle prägend, wie der Golf oder die Mercedes-Serie Strich 8er oder W-123.
Konsumgüter waren da Tri-Top, Afri-Cola, Pril-Blumen, die Clementine in der Werbung mit ihrem Ariel oder Frau Sommer und der Jocabs-Kaffee, HB-Männchen, darauf einen Dujardin, ...wenn dir Gutes widerfährt..im Asbach-Uralt steckt der Geist des Weines, die Sinalco schmeckt..., Plantschi ist prima, Quelle-Versand, Otto-Versand Hamburg, Universum-Musik-Kompaktanlage, Agfa-Casetten, Hummel-Reisen, Nutella, Kinder-Schokolade, Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer, Fleisch ist ein Stück Lebenskraft und die Milch macht´s , Nivea...

Wo fängt man an, wo hört es auf? - Da ist man ja schon überfordert :lol:

Grüße
Djensi

Paulchen
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Beitrag von Paulchen » 02.12.2014 14:43

zu dem Thema passend und immer einen Besuch Wert:

Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

http://www.hdg.de/stiftung/

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Beitrag von zulufox » 02.12.2014 16:03

turul hat geschrieben:
MikeG hat geschrieben:Oder das Gegenstück zum "Schwarzen Kanal", das im Westen etwas gemäßigter daher kam und "Kennzeichen D" hieß.
Entschuldige, wenn ich hier widerspreche. Das westdeutsche Gegenstück zum "Schwarzen Kanal" war Gerhard Löwenthal mit dem "ZDF-Magazin", der ebenso stark polarisierte wie dies Schnitzler im Osten tat.

"Kennzeichen D" stand dagegen im Zeichen der Entspannungspolitik und bemühte sich ein einigermassen objektives Bild der DDR zu zeichnen. Hervorragend finde ich immer noch die Titelmusik von Kennzeichen D - "Ruckzuck" von KRAFTWERK.

Grüsse
Jörg
Hallo Jörg,

ob diese Aussagen ein Zeitzeuge, der das miterlebt hat, auch so mitträgt, möchte ich in Frage stellen. Einen guten Einblick gibt dieser Kommentar hier: http://www.welt.de/kultur/medien/articl ... l-war.html

MfG
Zf :holy:
Demosthenes (384 - 322 v. Chr. Athen)
"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."

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Beitrag von turul » 02.12.2014 18:05

zulufox hat geschrieben:ob diese Aussagen ein Zeitzeuge, der das miterlebt hat, auch so mitträgt, möchte ich in Frage stellen.
Nun - da ich dem Rentenalter sehr nahe stehe, halte ich mich auch für einen Zeitzeugen, der aufgrund seines damaligen grenznahen Wohnortes in Nordbayern sowohl den "schwarzen Kanal", wie auch "ZDF-Magazin" und "Kennzeichen D" original miterleben durfte. Ich bleibe daher bei meiner Meinung, dass Löwenthal ebenfalls polarisierte. Bei Schnitzler kam natürlich noch die ideologische Indoktrination dazu.
Zu dem Link: Die "Welt" sehe ich nicht unbedingt als neutral an - diese Zeitung schwamm schon immer und schwimmt immer noch auf der gleichen Wellenlänge wie Löwenthal damals im "ZDF-Magazin".

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Beitrag von redsea » 02.12.2014 19:02

Djensi hat geschrieben:[...] Bei den Automobilen fängt es an, welcher ist typisch BRD, der Käfer [...]

Hallo Djensi,

beim Käfer möchte ich jedoch widersprechen. Ich gehe davon aus, dass der Themenstarter mit "Typisch BRep.Dtschl." diejenigen Produkte meint, die in der Zeit zwischen 1949 und 1989 auch im Westen entstanden und geistig geschaffen wurden.

Der Käfer entstammt jedoch der Epoche vor 1949 und wenn man es ganz eng auslegen will, nicht mal unmittelbar aus deutschen Konstrukteursköpfen, sondern aus den Köpfen tschechoslowakischer Tatra-Konstrukteure.

Viele Grüße

Kai

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