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Verkehrsgeschichte - Bauwerke der Bahn, U-Bahn, S-Bahn etc.
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Handlampe
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Eggequerung - Drei Generationen Streckengeschichte

Beitrag von Handlampe » 19.10.2007 17:35

Um 1840 entstanden Pläne für die sog. „Westfälische Eisenbahn" von Hamm nach Kassel über Soest, Paderborn, Altenbeken und Warburg. Die für Bau und Betrieb dieser Strecke konzessionierte „Cöln-Minden-Thüringer Verbindungs-Eisenbahngesellschaft" begann im Frühjahr 1846 den Bau der Strecke, die im Abschnitt Paderborn - Warburg über Lichtenau führen und nördlich der Karlsschanze auf der Höhe von Willebadessen in einem Tunnel die Egge durchqueren sollte. Der Durchstich der Egge wurde als die schwierigste Baumaßnahme zuerst in Angriff genommen, um die ganze Strecke später gleichzeitig in Betrieb nehmen zu können. Das Projekt gestaltete sich aufgrund der starken Grundwassereinbrüche und den Hangrutschungen an den Tunnelzufahrten sehr schwierig. Der Tunnelbau war schon weit fortgeschritten, als die konzessionierte Eisenbahngesellschaft im Herbst 1848 zahlungsunfähig wurde, nachdem eine Gruppe Berliner Eisenbahnspekulanten, die etwa 80 % des Kapitals gezeichnet hatten, die erforderlichen Einzahlungen nicht leisten konnten. Die Gesellschaft wurde daraufhin im Dezember 1848 aufgelöst. Wegen des Interesses des Preußischen Staates an der Verbindung musste dieser nun lange vor der allgemeinen Eisenbahnverstaatlichung den Bau selbst organisieren.
Die auf beiden Seiten des Eggegebirges bereits fertig gestellten Tunnelzufahrten sind auch nach 150 Jahren noch als tiefe Einschnitte erhalten.

Alternativ zu der gescheiterten Trasse wurde die bis 2004 befahrene Linie verwirklicht, die zwar einen Tunnel vermied, aber dafür bedeutende Bauten anderer Art für den Übergang über die Egge bei Neuenheerse und für die Überquerung des Beketals in Altenbeken (siehe Beitrag oben) erforderlich machte. (In Schildesche bei Bielefeld ist eine ähnliche Umgehungsstrecke für den dortigen Viadukt gebaut und in Betrieb genommen worden.)
Im Eggeübergang bei Neuenheerse erreichte die Eisenbahn an dieser Stelle mit 340 m über NN die seinerzeit höchste Streckenführung in Preußen und verläuft in einem Einschnitt, der etwa 950 m lang und bis zu 24 m tief ist.

Damit war die Baugeschichte dieses Streckenabschnitts aber noch nicht abgeschlossen:
Immer wieder sorgten eine unterirdische Auswaschung bei Herbram Wald und der latent rutschgefährdete Bereich am Paderborner Berg bei Willebadessen für große Probleme. Erstes wurde endgültig behoben, indem man auf einer größeren Länge den kompletten Untergrund erneuerte. Der Hangrutsch bei Willebadessen konnte jedoch mit vertretbaren Mitteln nicht aufgehalten werden, obwohl versucht wurde, mit Ankern und Folien den Berg abzufangen, was aber aufgrund der Steilheit des Hangs und der Schichtrichtung des Gesteins nicht gelang. Um Bahnunfälle zu verhindern wurde die aus diesem Grund eingerichtete Langsamfahrstelle nachts mit Scheinwerfern beleuchtet und mit Kameras überwacht. Ähnlich gesicherte Streckenabschnitte gab es auch an der Brennerstrecke.
Da die Sanierung der alten Strecke und eine Befestigung des betreffenden Berges ca. 500 Millionen Euro gekostet hätten, wurde ab 1998 eine 12,8 km lange Neubautrasse mit dem 2880m langen Eggetunnel gebaut, um das Gebiet zu umgehen.

Geplant in dem Gebiet war übrigens noch eine weitere Generation von Baumaßnahmen: Die seit 1942 erarbeiteten Entwürfe für Breitspur-Eisenbahnnetz sahen vor, dass eine der projektierten Trassen, nämlich die Verbindung von Rostow nach Paris, in der Region etwa parallel zur alten Köln-Mindener Eisenbahn verlaufen wäre.
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GB260
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Eggetunnel - alte Bahntrasse

Beitrag von GB260 » 15.09.2008 21:53

Vor einigen Jahren wurde auf der Bahnstrecke Altenbeken - Kassel ein Abschnitt stillgelegt, der stark durch Erdrutsche gefährdet ist. Die neue Trasse verläuft zwischen Herbram-Wald und Willebadessen etwas weiter westlich und unterquert den Eggekamm mittels eines neu gebauten Tunnels.
Die alte Bahnstrecke wurde komplett demontiert: Signalanlagen, Oberleitungen, Gleise, Schwellen, Schotter: Alles weggeräumt. Zum Teil wurden sogar Einschnitte in den Bahndamm gegraben, an Stellen, wo Bäche die Bahntrasse kreuzen. Vorher waren hier wohl Röhren verlegt.

Auch interessant: Im Jahre 184x gab es schon mal einen Versuch, das Eggegebirge zu durchstossen. Von dem Versuch, der durch Wassereinbrüche, Erdrutsche und Finanzprobleme der Eisenbahngesellschaft verunmöglicht wurde, blieben 2 schluchtartige Einschnitte erhalten sowie ein aufgeschütteter Damm.


[edit: Thema an bestehendes Thema angehängt • redsea]
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Beitrag von Handlampe » 22.09.2008 19:53

Weiteres zur Geschichte findet sich hier: XXX.

Gruß
HL


[edit: XXX Link entfernt, da Themen zusammengeführt • redsea]

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Snusker
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Beitrag von Snusker » 16.02.2017 07:59

Hallo,

wurde jetzt archäologisch untersucht...


http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 33457.html

Gruß Snusker

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Beitrag von Snusker » 16.02.2017 12:21

...und noch ein Kartenausschnitt

aus der Geologischen Karte 100 mit DGM.


[edit: Abbildung wegen unklarer Veröffentlichungsrechte zunächst entfernt • redsea]
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Beitrag von Djensi » 16.02.2017 12:47

Ja, klasse!!!
Danke für den Hinweis und die Karte!
:thumbup:

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