Kanalüberführung "Alte Fahrt"
Durch die stetige und rasche Entwicklung der Schwerindustrie im Ruhrgebiet reichten Ende des 19. Jahrhunderts die Kapazitäten des Eisenbahnnetzes für die anfallenden Transporte nicht mehr aus. Für den Transport großer Mengen von Erz und anderem Schüttgut wurde ab 1892 der, als Verkehrsweg sehr leistungsfähige, Dortmund-Ems-Kanal gebaut. Der Kanal war mit einer lichten Breite von 18m und rund 2,5m Tiefe für Schiffe mit einer Tragfähigkeit von bis zu 600t (das entspricht der Kapazität eines ganzen Güterzuges) ausgelegt. Allerdings verhinderten streckenweise sehr schmale Flusstäler, das der Kanal entlang der Flüsse gebaut wurde. Damit wurden Kanalüberführungen nötig, mit dem der Kanal die Flusstäler überbrücken kann. Ein solches Bauwerk ist die von 1893 bis 1897 gebaute Kanalüberführung bei Gelmer.
Die nach dem ersten Weltkrieg stetig zunehmende Tonnage der Schiffe machte 1939 den Bau einer zweiten Fahrt, westlich der Alten, nötig. Die Neue Fahrt wurde als stählerner Trog konstruiert.

In den ersten Monaten des 2. Weltkrieges waren beide Brückenwerke noch nebeneinander im Betrieb. In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1940 griffen jedoch fünf Bomber die Kanalüberführung an und erzielten einen Volltreffer, der die Kanalbrücke schwer beschädigte. Der Kanal lief aus und das Wasser strömte in die Ems. Nachdem die Kanalüberführung gesichert war, wurde sie mit Beton wieder repariert. Die Ausmaße der Beschädigungen erkennt man noch heute. Obwohl die Kanalüberführung repariert werden konnte, wurde die Alte Fahrt ab dem Zeitpunkt nicht mehr benutzt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Alte Fahrt mit einem Damm von der Neuen Fahrt getrennt und teilweise als Yachthafen genutzt.

Die Kanalüberführung der Alten Fahrt ist ein steinernes Brückenwerk mit vier Bögen. Im großen und ganzen erinnert die Konstruktion an einen antiken Aquädukt, nur viel größer. Aus dem Emstal heraus betrachtet, bietet die Kanalquerung einen imposanten Eindruck. Die Brückenpfeiler sind aus Sandstein, während die Brückengewölbe aus Klinker gemauert sind. Früher trug die Kanalquerung an beiden Seiten noch Ecktürmchen. Diese wurden aber schon vor Jahren entfernt. Die Fahrrinne war früher mit 2-3mm starken Bleiplatten abgedichtet.
In neueren Zeiten wurde die Alte Fahrt und die Kanalüberführung vorwiegend als Naherholungsgebiet genutzt. Allerdings ist die Zeit auch an diesem Bauwerk nicht spurlos vorbei gegangen. Mitte der 90er Jahre wurde die Kanalüberführung trockengelegt, um sie zu sanieren. Da allerdings den Kommunen das Geld fehlt, erobert sich die Natur langsam aber sicher das Bauwerk zurück. Und so wuchern in der alten Fahrrinne Gräser, an anderen Stellen ziehen sich meterlange Risse durch das Mauerwerk und es bröselt der Mörtel an vielen Stellen. Ein trauriger Zustand für ein Bauwerk das als bedeutendes Industriedenkmal eingestuft ist. Aber es wird wohl noch Jahre dauern, bis der Kanal wieder geflutet wird, denn die Flutung der Kanalüberführung ist ausdrücklich im Rahmen des Denkmalschutzes gefordert.
Das einzige Teilstück, das saniert wurde, ist das letzte erhaltene Sicherheitstor der Alten Fahrt. Die ehemals sieben Tore hatten einerseits die Aufgabe, eine teilweise Trockenlegung des Kanals zu ermöglichen und andererseits das komplette Auslaufen im Falle eines Schadens am Kanal zu verhindern. Ursprünglich war die Winde zum Antrieb des Tores durch ein Wellblechhäuschen geschützt, das aber abgerissen wurde.
Quellen (Auszug):
- Ausstellungskatalog "Der Hafen von Münster", Stadtmuseum Münster
- Artikel aus dem Archiv der Westfälischen Nachrichten
- Denkmalverzeichnis desStadtplanungsamtes: Denkmalpflege, Münster