NATO-Kriegshauptquartier PWHQ NORTHAG/2.ATAF JOC Maastricht

Bereits in der frühen Phase des Kalten Krieges Mitte der 1950er Jahre war die noch junge NATO bestrebt, für wichtige Dienststellen in der gemeinsamen Kommandostruktur geschützte Hauptquartiere für den Kriegsfall zu schaffen. Die Heeresgruppe Nord (NORTHAG), hauptsächlich bestehend aus britischen, belgischen, niederländischen und ab 1957 auch deutschen Truppenteilen, war seit 1954 zusammen mit der Zweiten Alliierten Taktischen Luftflotte (2ATAF), der britischen Rheinarmee (BAOR) und der Royal Air Force Germany (RAFG) im gemeinsamen Friedens-Oberkommando (Joint Headquarter/JHQ) Mönchengladbach untergebracht.

 

Im Verteidigungsplan der NATO war dieses Oberkommando für den Bereich zwischen Hamburg und Kassel, der deutsch-niederländischen bzw. -belgischen Grenze bis zur damaligen innerdeutschen zuständig. Als Kriegs-Hauptquartier (PWHQ – Primary War Headquarter) wurde ein ehemaliger Kalksteinbruch in der Nähe von Maastricht ausgesucht. In dieser weitläufigen Stollenanlage in der Nähe des Ortes Kanne hatten die Nationalsozialisten bereits 1944 eine unterirdische Produktionsanlage für V-Waffen-Teile unter dem Tarnnamen „Boschberg GmbH“ geplant und den dafür vorgesehenen Teil ausgebaut und mit elektrischer Beleuchtung versehen. Zu einer Inbetriebnahme dieser Untertage-Verlagerung kam es bis zum Kriegsende 1945 nicht mehr.

Nicht zuletzt durch diesen Vorausbau erschien die Stollenanlage mit ihren insgesamt rund fünfundzwanzig Kilometern Tunnelstrecke als geeignet für die Einrichtung des JOC (Joint Operations Center) Maastricht. Das niederländische Kriegsministerium pachtete die Anlage am 15. April 1954 für die Dauer von fünfzig Jahren. Die Bauarbeiten begannen noch im gleichen Jahr und dauerten bis 1962, wobei bereits 1960 mit einem Probebetrieb begonnen werden konnte.

Während der täglichen Hauptschicht arbeiteten durchschnittlich zwischen zweihundertfünfzig und vierhundert britische, niederländische, belgische, deutsche, kanadische und amerikanische Soldaten und Zivilangestellte in der Anlage. Nachts oder an Wochenenden ging diese Zahl zeitweise bis auf 30-40 Personen zurück, bei Stabsrahmenübungen stieg sie auf die für den Ernstfall vorgesehene Belegung mit mehr als tausend Personen. Drei MAN-Dieselaggregate, von denen eines nur als Reserve diente, sollten die gesamte Einrichtung rund acht Wochen lang autark mit Strom versorgen, dafür standen fast 200.000 Liter Treibstoff in neun riesigen Tanks zur Verfügung. Eine in den Stollen untergebrachte Großküche mit Kantine sorgte für die Verpflegung in zwei Kantinen im Bunker, an einer Automaten-Ecke konnte die Besatzung sich mit Getränken und Schokolade versorgen. Obwohl die Stollenanlage fast komplett auf niederländischem Gebiet liegt, war das amtliche Zahlungsmittel in der inoffiziell „the cave“ (die Höhle) genannten Einrichtung die belgische Währung. Grund dafür war die Unterbringung der Besatzung in einer Kaserne in Belgien.

Ganz ungefährlich war die Arbeit im JOC allerdings wohl nicht. Der Ausbau war, verglichen mit anderen modernen Untertageanlagen, eher grob und eine gewisse Asbest-Kontaminierung der Luft bedeutete eine andauernde gesundheitliche Belastung. 1991 beauftragte das niederländische Verteidigungsministerium eine Spezialfirma mit der messtechnischen Erfassung der Asbestbelastung. Das Ergebnis führte zu der Empfehlung, den Bunker möglichst kurzfristig außer Dienst zu stellen. Die NATO entschied sich dafür, die Anlage bis zur geplanten Schließung und Umzug in den neu geschaffenen Schutzbau „Castle Gate“ in Linnich-Glimbach in Betrieb zu belassen. Während die Zivilangestellten Atemschutz erhielten, arbeiteten die Soldaten in der Anlage weiterhin ungeschützt.

Nach dem Ende des Kalten Krieges näherte sich auch der Auslauftermin für die Pachtzeit. Im Jahr 1992 wurde das JOC Maastricht im Cannerberg außer Dienst gestellt und die Übergabe der Liegenschaft an die zivilen Behörden vorbereitet. Während das Verteidigungsministerium die Vorstellung vertrat, die Tunnel mittels Betonplomben permanent für immer zu verschließen, bestand der neue, alte Eigentümer auf einer Rückgabe der Anlage in dem Zustand, der dem vor der Pacht im Jahr 1954 entsprach.

Pläne für eine zivile Nachnutzung wurden durch verschiedene Randbedingungen, darunter auch die Belastung mit Asbest, zunichte gemacht. Die Sanierung stellte sich als Großprojekt heraus. Durch den über fast fünfzig Jahre Betriebszeit eingehaltenen Grundsatz, dass nicht einmal der Abfall die Anlage verlässt, sahen sich die Entsorgungsunternehmen alleine etwa vierzehntausend Kubikmetern Müll in als Abfall-Endlager genutzten Stollenbereichen gegenüber. Auch die Asbest-Sanierung erwies sich als komplizierter als angenommen, letztendlich musste das gesamte belastete Material mit Spachteln manuell von den Wänden abgeschabt werden. Sondierungen ergaben, dass wahrscheinlich während der gesamten Betriebszeit Diesel aus den Tanks in den porösen Kalkstein geleckt und bis in eine Tiefe von rund dreizehn Meter ins Gestein eingedrungen war. Der gesamte belastete Bereich musste abgetragen und entsorgt werden. Die Tunnel mussten im betroffenen Bereich zusätzlich gestützt werden, um einen Einsturz zu verhindern. Der entstandene Hohlraum wurde anschließend mit einem in der Dichte dem Kalkstein ähnlichen Gemisch verfüllt, um die Stabilität des Gebirges zu gewährleisten. Insgesamt dauerten diese Arbeiten von 2002 bis ins Jahr 2009. Die endgültige, formale Rückübertragung des nun weitestgehend sanierten Tunnelsystems erfolgte erst am 24. Januar 2012.

Heute steht die Anlage leer. In regelmäßigen Abständen veranstaltet die Stiftung Limburger Landschaft Führungen durch das Stollensystem.


JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht JOC Maastricht

Quellen:
- Stichting het Limburgs Landschap http://www.limburgs-landschap.nl/
- Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten, Ubootbunker, Ölanlagen, chemischer und WIFO-Anlagen, Hans Walter Wiehert, , Verlag Joh.Schulte
- http://nl.wikipedia.org/wiki/NAVO-hoofdkwartier_Cannerberg

 

Liste der Schutzräume in Frankfurt, Bundesverband für den Selbstschutz Dienststelle Frankfurt, ca. 1986

Tags: Radar, Führungsbunker