Fliegerhorst Fassberg

Schon Ende 1933 wurde im Bereich des Fassbergs zwischen Munster und Celle unter größter Geheimhaltung mit dem Bau eines Flugplatzes begonnen. Ausschlaggebend für die Standortwahl waren die Nähe zu verschiedenen Fliegerschießplätzen und die gute Tarnung durch ausgedehnte Waldgebiete. Die ansässigen Landwirte waren darüber natürlich nicht gerade erfreut, verloren sie hierdurch doch viel Land und ernteten dafür nichts als Unruhe und Einschränkungen. Zunächst wurde ein Anschlußgleis geschaffen, um den Materialtransport zu erleichtern. Kurz darauf war das Flugfeld mehr oder minder fertiggestellt, ebenso drei Hallen und einige Unterkunfts-Baracken (diese wurden später durch feste Gebäude ersetzt). Zunächst gab es Probleme mit dem Boden, der die schweren Bomber kaum aushielt. Durch umfangreiche Erdarbeiten und Einrichtung betonierter Startbahnen wurden diese aber gelöst.

Fliegerhorst Fassberg - Bau eines Hangars 

Bereits ab 1.April 1934 wurde nun das I. Kampfgeschwader 154 ("Geschwader Boelcke"), bestehend aus drei Staffeln, aufgestellt. Parallel entstand die Kampffliegerschule Fassberg. Geschult wurde auf kleineren Hochdeckern wie z.B. Ar-66, He-45 und He-46. 1935 erforderte der Flugbetrieb einen Ausbau - der Platz wurde erweitert, viele Gebäude, darunter neun Flugzeughallen und ein großes Tanklager, wurden errichtet. Im April 1936 verlegte die Kampffliegerschule Prenzlau nach Fassberg, wo nun zwei Lehrgänge gebildet wurden. Das I.KG 154 verließ den Horst zum gleichen Zeitpunkt. Im selben Jahr wurden erneut Erweiterungen vorgenommen, darunter auch der Bombenabwurfplatz Fassberg. Hauptaufgabe der Schule war nun die Ausbildung von Beobachtern, Funkern und Bordschützen, Hauptausbildungsmaschinen waren jetzt Do-11, Do-13, Ju-52 und W 34.

Südlich des Fliegerhorstes war neben Häusern für die Beschäftigten ein richtiger kleiner Ort entstanden, der am 1.Januar 1938 zum Gutsbezirk Fassberg umgwandelt wurde - quasi die Geburtsstunde der heutigen Gemeinde Fassberg. Der Fliegerhorst trug nun den Namen "Große Kampffliegerschule 2" und weitere Verbände wurden stationiert, darunter das KG4 "General Wever". Bis Ende 1939 zogen immer mehr Verbände auf dem Fliegerhorst ein, darunter das II.KG4, Teile des KG26, Teile des II./KG4 und Andere. Auch während des Krieges, der Fliegerhorst hatte inzwischen den Decknamen Geiser bekommen, wurde weiter geschult, nun auch auf Ju-88 und He-111. Im Jahr 1942 wurden dann abermals neue Wohnbaracken erstellt, um das Personal der TS2 (Technische Schule) unterzubringen. Die Bauarbeiten wurden zum größten Teil von ca. 200 russischen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen durchgeführt, wahrscheinlich hauptsächlich Kriegsgefangene aus den großen "Russenlägern", evtl. auch aus dem KZ Bergen-Belsen. Untergebracht waren sie in einem streng bewachten Barackenlager in der Nähe von Schmarbeck.

Ab 1943 wurde der Fliegerhorst immer häufiger von Tieffliegern angegriffen und bombardiert. Aufgrund dieser Angriffe und um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf die Anlage zu ziehen, beschloß die Leitung der Flugtechnischen Schule 2 Anfang 1944, die Ausbildung des flugzeugtechnischen Personals an den modernen "Düsenjägern" in die Peripherie zu verlagern. Zwischen der Luftmunitionsanstalt Oerrel und dem kleinen Ort Dethlingen wurde, direkt an einer Bahnlinie, ein Triebwerksstand für die JUMO- und BMW-Strahltriebwerke der AR-234 errichtet. Als Tarnung entsprach das umgebende Gebäude im Aussehen einer größeren Feldscheune. Die dazugehörigen Werkstätten und Ausbildungsräume befanden sich in einem Barackenkomplex direkt im Dorf Dethlingen - getarnt als landwirtschaftlicher Maschinenbetrieb. Der Triebwerksstand wurde Anfang April 1945 vor dem Eintreffen der Alliierten gesprengt, ebenso sämtliche Triebwerke und Materialien vernichtet.

Fliegerhorst Fassberg - Triebwersstand

Auch in Trauen, nur wenige Kilometer westlich des Fliegerhorstes, wurde eine Außenstelle aufgebaut. Hier wurden Triebwerksmechaniker an den Walter-Aggregaten der Me-163 ausgebildet. Neben drei Me-163 und einigen Triebwerks-Schnittmodellen gab es auch hier einen Prüfstand. Diese Anlage und die vorhandenen Ausbildungsgeräte wurden - wie die bei Dethlingen - vor Kriegsende vernichtet. Auf dem Fundament der Anlage wurde nach dem Krieg ein Wohnhaus errichtet.

Am 4.April 1945 erfolgte dann ein großer Angriff durch 149 amerikanische B-17 - Bomber. Am 13. desselben Monats wurde dann der Befehl zur Zerstörung des Fliegerhorstes erteilt, die geparkten Maschinen wurden unbrauchbar gemacht und auf dem Flugfeld einige Bomben gezündet. Durch die ziemlich hektisch durchgeführte Sprengung der gelagerten Luftminen wurden zahlreiche Häuser abgedeckt und schwer beschädigt.

Am 16. April 1945 wurde Fassberg dann schließlich von britischen Truppen erreicht, die in den letzten Kriegswochen mit der 122. Wing der RAF von hier aus letzte Einsätze flogen. Die 160 Flugzeuge auf dem Platz, darunter auch sechs Me-163, waren von den deutschen Truppen vor dem Eintreffen der Alliierten zerstört worden. Die letzten deutschen Flugzeuge, die auf dem Platz landeten, waren die berühmten "Fassberg Five" - fünf Me-262, die sich hier am 8.Mai 1945 den Briten ergaben. Zwei dieser Maschinen existieren noch, eine davon (gelbe 7) im RAF-Museum in Cosford, Großbritannien, die andere (schwarze X) beim Australian War Memorial. 

Fliegerhorst Fassberg -  Me-262

Mitte 1946 mußten viele Häuser des Ortes geräumt werden, um Platz für britische Familien zu machen. Überhaupt waren die Einschränkungen für die Zivilbevölkerung recht groß, neben der allgemeinen Nachkriegsnot durfte man in Fassberg z.B. auch keine Kameras besitzen etc..

Fliegerhorst Fassberg - Luftbrücke nach Berlin

Während der Berlin-Blockade (23.6.1948 - 12.5.1949) erlangte Fassberg Bedeutung als Luftbrücken-Flugplatz. Vom 8.Juli 1948 bis zum 27.August 1949 flogen Transportmaschinen, meist C-47 Dakota und C-54 Skymaster, Kohle nach Berlin - insgesamt rund 540.000 Tonnen. Hierzu wurde der Bahnanschluß mit mehreren Weichen und reichlich Schienen deutlich erweitert und eine Roll- und Abstellfläche aus PSP-Lochplatten geschaffen. Die Arbeit vor Ort wurde dabei zumeist von den rund 5.000 GCLO-Männern (German Civil Labour Organization) durchgeführt, die im Lager Trauen (der früheren Raketenversuchsanstalt) lebten - zuerst in Zelten, später in Nissenhütten.

Es wäre müßig, die Geschichte der Luftbrücke an dieser Stelle zu wiederholen, es gibt genügend Internetseiten und Literatur darüber. 1991 wurde in Fassberg eine Erinnerungsstätte Luftbrücke mit einem kleinen Museum geschaffen, in dem u.a. viele Fotos, Nissenhütten aus Trauen, zwei Kohlewaggons und eine C-47 ausgestellt sind. Ein Besuch lohnt sich!

Fliegerhorst Fassberg -  C-47 im LuftbrückenmuseumFliegerhorst Fassberg - Luftbrückenmuseum

Im Dezember 1956 wurde der Fliegerhorst von den Alliierten an die neu gebildete Luftwaffe der Bundeswehr, genauer an die Technische Schule der Luftwaffe 3 (TSLw3), übergeben. Einige Jahre war Fassberg daneben auch Standort der Offiziersschule der Luftwaffe. Für etwa fünfzehn Jahre war  auch eine Hubschrauberführer-Schule in Fassberg beheimatet (meist Bell 47, Bell UH-1D und Alouette II), die inzwischen aufgelöst wurde. Zahlreiche andere Verbände mit unterschiedlichstem Fluggerät haben das Gelände, neben der Technischen Schule der Luftwaffe, seitdem genutzt.

Fliegerhorst Fassberg - Ansichtskarte 60er Jahre

Selbstverständlich wurden seit Ende der fünfziger Jahre viele Veränderungen vorgenommen. So wurden einige Gebäude errichtet, andere abgerissen oder renoviert, Anlagen wie die Kompass-Justierscheibe oder das ehem. Tanklager abgebaut usw.. Die meisten Gebäude sind aber nahezu im Originalzustand erhalten. Inzwischen besteht auch eine rund 3.000m lange Beton-Hartbahn mit mehreren Taxiways, so daß auch größte Maschinen starten und landen können. Von einigen Objekten durften wir netterweise Fotos machen.

Fliegerhorst Fassberg - Hangar
Fliegerhorst Fassberg - alte WacheFliegerhorst Fassberg - WachlokalLuftschutzkellerFliegerhorst Fassberg - Fernmeldebunker
Fliegerhorst Fassberg - JustierstandFliegerhorst Fassberg - Bell UH-1DFliegerhorst Fassberg - F-104 StarfighterFliegerhorst Fassberg - Tower
Fliegerhorst Fassberg - KinoTriebwerksstand

Die Bundeswehr nutzt das riesige Gelände (rund 565 ha, 10.700m Zaun) auch noch heute, über 3.000 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz.

Quellen (Auszug):
- Fassberg, Hans Stärk
- Archivmaterial der Gedenkstätte Luftbrücke, Faßberg
- Unterlagen des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie
- BIOS Final Report 123, Items 25,26,5
- Public Record Office, Bestände AIR 26/505, AIR 40/838 u.a.
- COMBAT CHRONOLOGY OF THE US ARMY AIR FORCES
- USAF MACR #03945
- Das nationalsozialistische Lagersystem, Martin Weinmann
- Standortplanung der Bundeswehr bis 2006, BMVg
- Die Bundeswehr der Zukunft - Ressortkonzept Stationierung 2001, BMVg
- Unterlagen aus dem Archiv T.Wolf, Stedden
- Special Signal Unit History, Davis Haysom
- Aussagen von Anwohnern und Zeitzeugen
- Militärisches Luftfahrthandbuch Deutschland 2001
- eigene Recherchen





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