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WIFO-Tanklager HOKO Melbeck-Embsen

Bei Melbeck/Embsen, in der Nähe von Lüneburg, wurde in den Jahren 1937-1939 im Auftrag der IG Farben AG eine Fabrik zur Herstellung von hochkonzentrierter Salpetersäure errichtet. Wie bei vielen Rüstungsbetrieben der NS-Zeit wurden die Gebäude so gestaltet, daß sich ein dörfliches, Hof- oder Guts-ähnliches Bild ergab. Die Tarnung erwies sich in diesem Fall als so effektiv, daß es niemals zu einem Bombenangriff auf dieses Werk kam.

Das ehemalige Wirtschaftsgebäude - der linke Eingang führte ins Erdgeschoß zur Waschkaue, der rechte ins OG zur Kantine 

Die hier von der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft produzierte Menge Salpetersäure belief sich auf etwa 5.000 Tonnen pro Monat, Hauptabnehmer waren Sprengstoff-Fabriken, wie z.B. auch die DAG-Werke Krümmel/Düneberg. Die Belegschaft bestand aus 200 bis 250 Zivilarbeitern, davon etwa 30% ausländischer Herkunft. Es ist anzunehmen, daß es sich hierbei um Zwangsarbeiter handelte. Wo diese untergebracht waren, war bisher nicht zu klären.

Die Luftzerlegungsanlage - hier waren zwei Linde Luftzerleger, zwei Luft- und vier Sauerstoffkompressoren.

Neben zwei großen Hallen verfügte das Werk über zwei Trafostationen, zwei Anlagen zur Sauerstoffherstellung (je 600 Kubikmeter/Stunde), ein Verwaltungsgebäude und Labor, eine Kantine, verschiedene Werkstätten, Lagerhäuser, mehrere Tanks, ein Heizhaus, eine Kühl- und eine Wasseraufbereitungsanlage und verschiedene kleinere Gebäude. Auch ein Schienenanschluß war und ist vorhanden. Besonders bemerkenswert ist das unterirdische Tanklager mit insgesamt 24 Ammoniak-Tanks.

Lokschuppen
bunkerartiger TreppenabgangLüftungsglockeZugangZugangVerladegleisWeichensteuerung TankTankTanks

Interaktive Panoramen

Im Jahr 1942 wurde mit dem Bau einer zweiten Anlage mit einer geplanten Kapazität von 3.000 Tonnen/Monat begonnen, diese wurde aber bis zum Kriegsende nicht mehr fertiggestellt. Am 18.April 1945 erreichte die britische Armee die Anlage, die zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Ammoniak-Mangel schon drei Wochen stillstand.

Bereits am 8. April hatte die Werksleitung Platin-Katalysatornetze im Gewicht von rund 50kg in einem Teich in der Nähe versenkt. Das gesamte Material wurde einige Zeit später von den Amerikanern geborgen.Ab 1946 wurde das Gelände zunächst von der Firma Norddeutsche Chemische Werke GmbH, danach u.a. von einem Gipswerk und einem Düngemittelhersteller genutzt. Einige Gebäude stehen noch heute, viele sind im Laufe der Jahre renoviert und/oder umgebaut worden und dienen jetzt verschiedenen Firmen als Domizil. Das Gelände, das für die geplante Kapazitäts-Erweiterung vorgesehen war, ist heute ein Wohngebiet.

KompressorenraumEntkernte TankkasematteAufgebrochene Kasematten 

Das unterirdische Tanklager wurde Anfang 2008 aufgebrochen und die Tankbehälter der drei kleineren Tankgruppen entfernt. Für das Bauwerk ist eine touristische Nutzung geplant.

Quellen (Auszug):
- Lüneburg 45, Helmut C.Pless- BIOS Report 1232, Item 22 & 31
- Material aus dem Archiv S.Weckauf
- Aussagen von Zeitzeugen und Anwohnern
- eigene Recherchen

Tags: Rüstung, Tanklager