Dienststelle Marienthal

Militärische Objekte und Anlagen ab 1945
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Red Baron
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Dienststelle Marienthal

Beitrag von Red Baron » 20.12.2006 12:44

Aus einem Artikel des Behördenspiegels:

Das Museum des Kalten Krieges
(BS/Dorothee Frank)
Der Regierungsbunker mit Decknamen "Dienststelle Marienthal" in den malerischen Bergen des Ahrtales sollte während des Kalten Krieges sowohl die politische als auch die militärische Führung West-Deutschlands aufnehmen, um Gegen- oder Vergeltungsmaßnahmen durchführen zu können. Zwischen 1960 und 1972 baute man dazu mehrere Eisenbahntunnel, die während des 1. Weltkrieges durch einen jener Ahrberge getrieben, aber nie genutzt wurden, zu einem Bunker mit insgesamt über zwanzig Kilometer Stollen aus. Der Kalte Krieg ist Geschichte, der Bunker wird nun ein Museum, der erste Spatenstich über den Stollen ist getan.
Die Anlage selbst besaß nur zwei Eingänge, die mit Toren luftdicht versiegelt werden konnten. Das Zu- und Abluftsystem sorgte zusammen mit den Toren und den Tonnen von Gestein der Ahrberge über dem Bunker für eine absolute Atomsicherheit. Dadurch hätte die so genannte Notverwaltung des Bundes mit insgesamt 3.000 Mitarbeitern hier etwa dreißig Tage sicher überlebt. Obwohl genaue Zahlen wegen der Geheimhaltung nicht zur Verfügung stehen, werden die Baukosten auf über drei Mrd. D-Mark geschätzt. Der Warschauer Pakt war über Lage und Ausrüstung des Bunkers besser informiert als die Kollegen bei der Bundeswehr - dank Lorenz Betzing, der von 1964 bis 1969 als Belüftungstechniker in dem Regierungsbunker arbeitete und 1966 zur Spionage für den DDR-Auslandsnachrichtendienst angeworben wurde. Geschichte und Geschichtchen über den Bunker gibt es genug. So fand die letzte WINTEX-Übung noch im Frühjahr 1989 statt. Während US- Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher ihre Bunker zumindest für das Finale der Übung aufsuchten, ließ Helmut Kohl sich von dem so genannten Bundeskanzler-Üb, seinem Kanzleramtsminister, vertreten. Die eingehenden Funkverbindungen, die das Ende der WINTEX-Übung mit der nuklearen Konsultation einläutete, wurde vom Bunker aus ins Kanzleramt weitergeleitet, wo Kohl in einem ähnlich spartanisch eingerichteten Zimmer wartete. Das Ziel Übung, eine Einigung bei der nuklearen Konsultation, konnte nicht erreicht werden. Kohl deklarierte die DDR zu bundesdeutschem Gebiet und verbat sich jeden Einsatz von Atomwaffen gegen Gesamtdeutschland. Ein Umstimmen erwies sich als unmöglich, die Übung wurde vorzeitig abgebrochen.
Nachdem ein halbes Jahr später die Geschichte den Bunker überrollte, sah die Regierung keine Veranlassung mehr, das für den Betrieb notwendige Personal von 180 Leuten, die im Dreischichtbetrieb arbeiteten, zu finanzieren. Der Bunker stand leer, zog Wasser und aufgrund der Schadstoffbelastung wurde sein Rückbau beschlossen. Nur 300 Meter Tunnel sollen erhalten bleiben und als "Museum des Kalten Krieges" der Nachwelt über jene Zeit berichten. Unter Obhut des Vereins Alt-Ahrweiler und mit Hilfe des Landkreises Ahrweiler soll das Museum betrieben werden, für das sogar der Rotweinwanderweg umgeleitet und am Museum vorbeiführen wird.
Der Spatenstich zum Bau der Eingangsfassade fand Ende November bei schönstem Wetter vor den Toren des Bunkers statt, ab Oktober / November 2007 sollen die ersten öffentlichen Führungen angeboten werden. Ob es auch eine Präsentation geben wird, wie sich das 25 Tonnen schwere runde Haupttor in Sekundenschnelle vor den Eingang des Bunkers schiebt, um ihn zu versiegeln, ist noch in der Schwebe. Aus Brandschutzgründen müsste die Hydraulik des Tores mit nichtbrennbarem Öl betrieben werden, eine Überlegung, die zu aktiven Bunkerzeiten nicht von Interesse war. Das Ingenieursbüro sucht noch eine Lösung, zeigte sich aber beim Spatenstich zuversichtlich dem Publikum dieses Spektakel bieten zu können. Insgesamt zeigte sich der Landrat des Kreises Ahrweiler, Dr. Jürgen Pföhler, sehr zufrieden mit der Entwicklung des Regierungsbunkers. "Dieses Bunkermuseum wird ein einzigartiges Symbol des Kalten Krieges werden", betonte Pföhler, "und dabei ebenso einmalig sein wie die Berliner Mauer."

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