Abstieg in die Schattenreiche der Genossen

Militärische Objekte und Anlagen ab 1945
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Ralf P.

Abstieg in die Schattenreiche der Genossen

Beitrag von Ralf P. » 10.05.2004 11:50

Abstieg in die Schattenreiche der Genossen

Film-Voraufführung und Diskussion: Mo., 10. 5., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Grimmaische Str. 6; MDR-Fernsehen: 1. Teil, Di., 11. 5., 20.45 Uhr, 2. Teil, Di., 18. 5., 20.45 Uhr.


Leipzig. Es sind "Denkmale des Wahnsinns", meint Michael Erler über die heute meist unzugänglichen Bunker aus DDR-Zeiten. Für einen Zweiteiler des Mitteldeutschen Rundfunks ist der Filmemacher in weit verzweigte "Schattenreiche der Genossen" gestiegen. So der Titel einer Dokumentation, die am Montag erstmals öffentlich gezeigt wird.


Frage: Wie fanden Sie's da unten - aufregend oder öde?


Michael Erler: Zuerst spannend, dann immer beklemmender.


Warum?


Mir ist unbegreiflich, dass Menschen sich enge und primitive Betonkammern einrichteten und glaubten, darin einen Atomkrieg überleben zu können.


Solche Ideen gab es auch im Westen. Worin liegt der Unterschied?


Die Bundesrepublik baute einige große Anlagen für tausende Menschen. In der DDR wiegte sich der Apparat in der Vorstellung, seine weit verzweigte Herrschaftsstruktur in strengstens geheim gehaltene Katakomben zu verlegen, um das Land von dort weiter führen zu können. Aber wer wäre oben noch am Leben gewesen, um sich regieren zu lassen?


Wie viele Schutzbauten wurden errichtet?


Das ist kaum zu überschauen. Die wichtigsten lagen rund um Berlin. Die geplante Kriegsregierung - Honecker und sein Nationaler Verteidigungsrat - hatte ihren Bunker in Prenden, die NVA-Spitze in Harnekop, die Stasi-Führung in Biesenthal, der Ministerrat in Hennickendorf bei Luckenwalde, für die Familien der Politbüro-Mitglieder war ebenfalls vorgesorgt. Aber es ging noch weiter: Stasi und SED hatten auch Bunker für ihre Bezirkszentralen, auf Kreisebene gab es weitere Schutzräume. Nicht zu vergessen die vielen Anlagen von NVA und Sowjetarmee.


Solide ausgebaut?


Zumindest die oberste Führung war gegen schwerste Angriffe geschützt, die Versorgung mit sauberer Luft, Wasser und Lebensmitteln für rund 30 Tage gesichert.


Und danach?


Die Frage wurde offenbar verdrängt.


Manche Anlagen sind inzwischen zu besichtigen ...


Ja, aber nur ein paar. In Frauenwald bietet ein Hotelier Führungen, um Harnekop und Kossa kümmern sich Vereine - in Kossa ist der NVA-Bunkerkommandant sozusagen noch auf seinem Posten. Anders bei der Stasi-Führungsstelle in Machern, wo Leipziger Bürgerrechtler Rundgänge anbieten. Manche halten die Betonreiche für Denkmale der Technik oder der Geschichte, für mich sind es Denkmale des Wahnsinns. In Heyrothsberge bei Magdeburg zog eine Kneipe in diese Betonhöhlen, nicht die schlechteste Idee.


Was geschieht mit den vielen übrigen Bunkern?


Die meisten sind fest verschlossen, verfallen, liegen auf privatisiertem Gelände neben Firmen und bringen den Inhabern nur Ärger. Denn es gibt eine Bunkerszene: Die Leute versuchen, überall hineinzukommen. Ein schwer zu begreifendes Hobby.Interview: Armin Görtz


Internet: www.bunker-kossa.de, www.bunker-harnekop.de
Machern: www.buergerkomitee-leipzig.de
Heyrothsberge: www.bunker-musik-kneipe.de
Frauenwald: www.waldhotel-rennsteighoehe.de

Quelle: www.lvz-online.de/lvz-heute/112102.html

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Beitrag von Deistergeist » 25.07.2004 00:37

Tach!

Zitat: Ein schwer zu begreifendes Hobby."
Ja, das stimmt. Und manche Leute interessieren sich auch noch für Lost Places.... ;)
Ich persönlich halte Angeln für ein ganz merkwürdiges Hobby. Aber das liegt eventuell daran, dass ich nicht besonders gern Fisch esse.

Glück auf!

cisco
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Beitrag von cisco » 25.07.2004 01:48

Interessant der Unterschied, den Herr Erler konstruiert.
Ich kann in der Denkweise hier im Westen und der im Osten in dieser Angelegenheit keinen Unterschied erkennen. Der Bunker in Marienthal drückt letztendlich das gleiche aus, was Erler hier wenig geschickt ablenkend (mit dem Argument "..in der Bundesrepublik ...Anlagen für tausende Menschen") nur im Osten sehen will.
Ärgerlich!

Gruß

Cisco

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Beitrag von Deistergeist » 25.07.2004 02:06

Die Grösse der Bunker hängt ja auch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zusammen...

Glück auf!

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