Bunker/ Stollen in Kiel?

Luftschutzbunker, zivile Bunkeranlagen und Schutzbauwerke des 2. Weltkriegs
jan bohrke
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Bunker/ Stollen in Kiel?

Beitrag von jan bohrke » 16.08.2006 19:42

Bei einem Besuch in Kiel fielen mir in der Uferstrasse, die parallel zum Nord-Ostsee-Kanal verläuft, in der Nähe der Brücke der B503 über den NOK im stadtseitigen Steilhang 3 Eingänge auf. Sie sind mit Beton eingefasst und verfügen über nach innengewölbte, graugestrichene Stahltüren. Die Eingänge befinden sich ungefähr 200m von der Strassenbrücke und ca. 1km von den Schleusen entfernt und sind in jeweils 25m Abstand voneinander angelegt. Sind das Relikte des Zweiten Weltkriegs oder Sperrmittelhäuser, die in Zusammenhang mit den nahegelegenen Schleusen / der Strassenbrücke in Verbindung stehen?

Zum zweiten fiel mir in am Rande der Kreuzung Uferstr./Mecklenburger Str. ein weiterer mit Beton eingefasster Eingang auf, der ebenfalls durch ein ca. 3m hohes Metalltor gesichert wird und in den Hang führt.
Er befindet sich ca. 5cm unterhalb meiner Placemark "Einfahrt/Bunker" oder 1cm oberhalb des vorbeifahrenden Autos.

Kann mir vielleicht jemand von den Kieler Leuten sagen, was es mit diesen Bauwerken auf sich hat?
würde mich sehr freuen,

Grüße aus Mannheim
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Leif
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Beitrag von Leif » 16.08.2006 22:48

Moin,
an der Uferstraße sind 3 Stollenengänge, die für insgesamt ~1000 Personen ausgelegt waren. Angeblich sind die gesprengt. Ganz in der Nähe befand sich das Gelände der Walter-Werke mit seinen Arbeitslagern.
In dem Bunker Mecklenburger-Uferstraße, welchen Du als Einfahrt bezeichnest, befindet sich heute ein völlig unspektakuläres Lager der Firma Anschütz. Ich war dort vor paar Monaten drin: Nicht viel zu sehen, ein sauberes Lager ;)

Ich muß noch ein paar Sachen verifizieren, dann gibt es hoffentlich weitere Informationen.

Viele Grüße,
Leif
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danke

Beitrag von jan bohrke » 16.08.2006 23:10

hallo Leif, vielen dank für deine schnelle und fundierte antwort! Kiel ist in sachen lost places ja wirklich recht interessant.

Gast

LS-Stollen Uferstr.

Beitrag von Gast » 07.09.2006 19:07

In diesem Stollen wurden von Studio Hamburg Szenen für den NDR-Tatort "Borowski in der Unterwelt" gedreht, der eigentlich in der Kanalisation spielen soll. Es ist ein Betonrippenstollen. Das Grundstück gehört der Stadt Kiel. Die Stollenszenen sind sehenswert, weil man dort sonst nicht hineinkommt.

Die zuständige Mitarbeiterin von Studio Hamburg (Frau S.) hat auf meine Anfrage allerdings vehement bestritten, dass in einem Stollen gefilmt wurde. Der Grund hierfür ist mir nicht bekannt. Auf meine Frage bzgl. eines LS-Stollens sagte sie : "Ist das was aus der Nazizeit?". Normalerweise kennt ein Filmproduktionsunternehmen seine Drehorte, weil es diese bewusst -auch unter dramaturgischen Gesichtspunkten- auswählt. Auch der für diesen Film zuständige Motivleiter war vor Ort.

In Kiel gibt es noch zahlreiche andere Stollen, die ebenfalls mit Schutzbauwerks-Drucktüren und ABUS-Diskus-Vorhängeschlössern gesichert sind. Im Herbst finden wieder die alljährlichen Stollenbesichtigungen statt.

KBreker

Beitrag von KBreker » 07.04.2010 11:01

Hallo!

Die Stollen wurden definitiv für "Borowski in der Unterwelt" benutzt.

Beigefügt ein Foto, dass ich bei den Vorbereitungen für den Film gemacht habe. Wir haben Wälle aus Sandsäcken gebaut und anschließend den Bunker unter Wasser gesetzt ...
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Beitrag von jeanpierre » 07.04.2010 15:00

Hallo, im besagten Bereich finden sich zahlreiche weiteren Bunker und Stollen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und danach, die bis heute für verschiedene Zwecke von Bund und Land genutzt werden.
Ich war zwischen 1990 und 1994 überwiegend in Kiel beschäftigt und hatte Gelegenheit, einiges zu sehen und zu begehen.
So gab es in der Weimarer Strasse, Ecke Rostocker Strasse einen Innenhof eines Gebäudes, das dem Bundesvermögensamt unterstand. Dieser Innenhof war unterkellert und zum Teil bunkerähnlich befestigt. Genutzt wurden die Räume unter anderem von der StOV, die hier Ausrüstung und Bekleidungs-Soll-Bestände des Feldjägerdienstkommandos lagerte. Außerdem befanden sich hier Unmengen an alten Feldbetten, Ledergamaschen und alten (schon dünnen) Wolldecken, die teilweise noch den Aufdruck "Kriegsmarine" und "Bundesgrenzschutz" trugen.
Direkt an der Uferstrasse gab es damals übrigens einen BW-eigenen Schrottplatz, der von der Zivilverwaltung geführt wurde. Dort gab es noch "echte" Splitterschutzgräben, die dann als Reifenaltlager genutzt wurden.

Im Block hinter der Endhaltestelle und Wendeschleife Herthastrasse war übrigens die "größere" Dienststelle der MAD-Grp. 1, die ja "offiziell" ihren Sitz in der Liegschaft am Hindenburgufer, direkt gegenüber dem Bunkermahnmal, hatte, bzw. hat. Der MAD hatte damals noch einen kompletten Befehlsbunker, der im Ernstfall als Kommandozentrale dienen sollte. Dieser Bunker wurde ständig gewartet, es befanden sich dort intakte Kommunikationsmittel, umfangreiches Kartenmaterial des Bereich SH sowie Lesegeräte für Microfiche. Dieser Bunker befand sich unterhalb der Liegschaft Eduard-Adler-Strasse.
VS gilt für diese Informationen im übrigen nicht mehr; der MAD hat mittlerweile im V- oder B-Fall andere Pläne...

Ebenfalls noch vorhanden sollen die Todeszellen sein, in denen die zahlreichen "Deserteure" ihre letzten Stunden fristen mussten; am Ende des zweiten Weltkrieges. Diese sollen sich in Wik befinden; vielleicht im Bereich der ehemaligen TMS (Arkonastrasse)?
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Re: Kiel-Wik

Beitrag von Leif » 07.04.2010 21:09

jeanpierre hat geschrieben: Ebenfalls noch vorhanden sollen die Todeszellen sein, in denen die zahlreichen "Deserteure" ihre letzten Stunden fristen mussten; am Ende des zweiten Weltkrieges. Diese sollen sich in Wik befinden; vielleicht im Bereich der ehemaligen TMS (Arkonastrasse)?
Moin,

ich bin gerade nicht bei meinen Unterlagen, bin jedoch sehr sicher, dass dies Ecke Rostocker / Weimarer Straße war. Vor ein paar Jahren waren die Zellen noch vorhanden. Dort war mal die Materialprüfungsgruppe im Gebäude. Die Hinrichtungen wurden in Holtenau vollstreckt.

Viele Grüße,
Leif

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Bunker/Stollen in Kiel

Beitrag von Bremsstaub » 08.04.2010 21:50

Die Drucktore sehen relativ neu aus ( nach WK2) ! Wie kommt`s ??
Als Kinder spielten wir in den 50iger und 60iger dort am Kanal. An Stolleneingänge kann ich gut erinnern, nicht aber an diese augenfälligen Tore. Es gab auch einen Stollen am Steilhang unterhalb der Walterwerke.
Des weiteren auf der Wiker Seite zwei Stolleneingänge westlich am Fuße des Hochbrückendammes.
Das sah eher nach "Wasserleitung" aus, denn die Eingänge, die immer mal zugemauert und wieder geöffnet wurden, befanden oder befinden sich an einem Bachbett,

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Re: Kiel-Wik

Beitrag von jeanpierre » 08.04.2010 23:27

Leif hat geschrieben:... bin jedoch sehr sicher, dass dies Ecke Rostocker / Weimarer Straße war. Vor ein paar Jahren waren die Zellen noch vorhanden. Dort war mal die Materialprüfungsgruppe im Gebäude. Die Hinrichtungen wurden in Holtenau vollstreckt.
Hallo,

vielen Dank für die Info. Der Hinrichtungsort ist mir heute bekannt; damals jedoch nicht.
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Beitrag von TimoL » 08.04.2010 23:51

@Bremsstaub:
Die Türen der (meisten) LS-Stollen in Kiel wurden in den 80er Jahren erneuert.

Zumindest zwei LS-Stollen ("Stollen Russee" und "Stollen Krusenkoppel") sollten auch wieder nutzbar gemacht werden.
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