Hinweis zum Thema Strahlenschutzbeton

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
PeterS

Hinweis zum Thema Strahlenschutzbeton

Beitrag von PeterS » 09.11.2003 10:39

In einigen Mails werde ich um Rat gefragt, wie sich Strahlenschutzbeton herstellen und verwenden läßt und wie man einen privaten Bunker bauen kann. Dazu kurz gefaßt folgendes:

Strahlenschutzbeton ist nicht für den Bau von ZV- oder ZS-Bunkern vorgesehen und wurde dort meines Wissens auch nie verbaut. Er würde dort auch nur unnötig Geld kosten und keinen Sinn machen.
Strahlenschutzbeton ist nur für Anlagen und Bauwerke gedacht, in denen täglich mit strahlenden Substanzen umgegangen wird. Dazu gehören Kernkraftanlagen, Labors und Forschungseinrichtungen, Röntgenanlagen z.B. in Krankenhäusern usw. Einige Zeitgenossen unterliegen tatsächlich dem Irrtum. Sie glauben, daß das Wort "Kernstrahlung" alleine schon "Gefahr" bedeutet. Dazu dies: Gefahr entsteht zuerst aus Angst und Unwissenheit um grundlegende Tatsachen. Gefährlich für alles Leben im Wirkungskreis eines Kernwaffeneinsatzes ist die primäre (Blitz, Strahlenlawine) und die sekundäre Strahlung (Reststrahlung), die den sog. "strahlenden Partikeln" (Staubkörner z.B.) anhaftet und über weite Strecken verbreitet werden kann. Weitere Gefahr entsteht aus der Zerstörung der gewachsenen Strukturen von Ordnung, Sicherheit und Versorgung und der Änderung der allgemeinen Verhältnisse z.B. durch Flächenbrände, Einstürze, Wasserfluten, Krankheiten, Hunger, Kälte usw. Gegen die Strahlungen reicht der Schutz eines normalen Bunkers völlig aus. Dieser Bunker muß natürlich technischen Mindeststandards genügen, er muß stabil genug sein, muß durch Schleusen und Filter unkontrollierte Luftbewegungen und das Eindrigen kontaminierter (strahlender) Partikel unterbinden, Schutz gegen Feuer und herabstürzende Massen bieten und den Insassen das Überleben über gewisse Zeiträume garantieren, indem im Bunker Vorräte an Wasser und Nahrung, Medikamente und Verbandsmaterial, Energieerzeugung, Kommunikation, Werkzeuge gelagert werden können und somit über einen kurzen Zeitraum hinweg völlig autark bleiben zu können.

Gefährlich sind neben den primären Strahlen vor allem die sekundären Strahlungen, die durch radioaktiv strahlenden Staub dem Körper anhaften oder durch Atmung oder Essen vom Körper aufgenommen werden und dort ihre zerstörerische Wirkung ausüben. Dagegen können nur entsprechend ausgestattete Räume oder Einrichtungen helfen. Diese Partikel können aber nicht den Beton durchdringen.
Trotzdem: Falls sich in der Klientel von "Lostplace" ein Millionär befindet, der sich einen solchen Strahlenschutzbunker leisten will und der auf mein veraltetes Wissen aus den siebziger Jahren der DDR Wert legt, der kann sich bei mir melden. Mit seinem Geld und mein Wissen baue ich ihm einen Bunker hin, gegen den der unter der Berliner Reichskanzlei wie ein Spielzeugmodell aussieht. :mrgreen:

PeterS

PeterS

Richtig

Beitrag von PeterS » 10.11.2003 21:17

Korrekt mit dem Walzblei. Aber nur für den Boden oder evtl die Decke, denn Walzblei würde ähnlich wie bei Folien eine Unterbrechung der Kraftbündigkeit zwischen den Lagen der Wand bedeuten. Grau ist alle Theorie.

Ab und zu hat eBay auch ganz spezielle Fachliteratur über dieses Thema im Angebot. Unter anderem auch über Spezialbetonbau, Mischungen, Verwendungen und (ganz wichtig) Aufbau von Bewehrungen, Einbau von Stahlgebinden in Betonkörpern, Berechnung der Statik, Schalungen...

Gast

Beitrag von Gast » 10.11.2003 22:16

Ist schon ein echt spannendes Thema der Beton! :mrgreen: Hatte letzte Woche ein Stück neusten Beton aus den USA in der Hand. War so ein hochmodernes Zeug von irgendeiner Uni. Gibt ja heute schon Beton, der an die Härte von Stahl heran kommt und mit einer 3cm dicken Betonschicht kann man heute eine Brücke bauen. Gibt wohl 2 aus diesem Beton in Thüringen(?) und eine bei Kassel(?).

PeterS

Neues vom Beton

Beitrag von PeterS » 10.11.2003 23:20

Bei dem Wort "Neu" werde ich grau. Entscheidend ist dabei nicht die Härte alleine oder eine spezielle Eigenschaft, sondern die Alterungsbeständigkeit also der Grad der Veränderung der chemischen Zusammensetzung und der Härte mit zunehmenden Alter. Beton aus den Labors einer Universität hört sich immer gut an, aber ich möchte diesen Beton nach 20, 60 oder 100 Jahren sehen. Beispiel "Beton-Krebs" und die Eisenbahnschwellen.
Kies ohne Fremdbeimengungen
Zement der besten Sorte
rostige Bewehrungseisen
absolut sauberes Wasser

Daraus wird Beton gemacht. Um zu erfahren, wie gut der neue Beton tatsächlich ist, reicht es aus, eine Platte daraus aufrecht stehend im Brandungsstreifen der Ostsee aufzustellen und dann zu beobachten. Nach 14 Tagen liegen erste Ergebnisse vor.

mfg PeterS

Gast

Beitrag von Gast » 10.11.2003 23:30

Ich glaube der Beton aus der Uni hält schon was aus. Er war sicher noch nicht Praxisreif. Kies oder sowas war da auch nicht drin. Die Korngröße der Zuschläge waren genau definiert und dürften im Bereich von 10 hoch -6 Metern gelegen haben. Für den Massenverbrauch war der auch sicher nicht gedacht. Eher für spezielle Sachen.

BlueMax
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Re: Neues vom Beton

Beitrag von BlueMax » 11.11.2003 07:51

PeterS hat geschrieben: Kies ohne Fremdbeimengungen
Zement der besten Sorte
rostige Bewehrungseisen
absolut sauberes Wasser
Moin,

dazu hätte ich eine Frage:

vorab - ich habe keinerlei Ahnung von Beton. Daher die Frage:warum müssen die Bewehrungseisen rostig sein ?

Gruß, Stefan

PeterS

Rostiges Eisen

Beitrag von PeterS » 11.11.2003 09:35

Hallo BlueMax,

Es geht dabei vor allem um die Bindefestigkeit zwischen dem Beton und dem Eisen. Werksfrisches nicht rostiges Eisen hat eine geringere Bindung zum Beton als rostiges mit aufgerauhter Oberfläche. Sobald dieses rostige Zeug eingebaut ist, wird das Weiterrosten unterbunden und stellt für die Statik des Bauwerkes auch nach Jahrzehnten keine Beeinträchtigung dar. Deswegen ist natürlich jede Verschmutzung des Bewehrungseisens mit Fetten, Ölen oder Farben usw, zu vermeiden.

Eine funktionierende Bewehrung ist das A und O bei Betonbauwerken. Ich möchte mich mal aufschwingen und behaupten, daß die WTC bei konventioneller Bauweise mit Stahlbeton und Gleitkernschalung und bei Verzicht auf Hängedecken und ähnlichen ehrgeizigen Superlativen ganz gewiß nicht eingestürzt wären. Nur ist dieses Bauverfahren sehr teuer.

mfg PeterS

Devon

Re: Rostiges Eisen

Beitrag von Devon » 11.11.2003 09:58

PeterS hat geschrieben:Eine funktionierende Bewehrung ist das A und O bei Betonbauwerken. Ich möchte mich mal aufschwingen und behaupten, daß die WTC bei konventioneller Bauweise mit Stahlbeton und Gleitkernschalung und bei Verzicht auf Hängedecken und ähnlichen ehrgeizigen Superlativen ganz gewiß nicht eingestürzt wären. Nur ist dieses Bauverfahren sehr teuer.
Wenn ich recht erinnere, ist das WTC sozusagen "von innen heraus" eingestürzt... Also die eingehängten Decken sind (weil die halterungen geschmolzen sind) runtergefallen (was sich dann natürlich Domio-artig fortgesetzt hat) während die Aussenhülle noch stabil war und stand. Allerdings war durch das abfallen der Decken die Verbindung der gegenüberliegenden Wände nicht mehr gegeben weshalb die Wände sich nach aussen wölbten und brachen.
Ich denke auch, das eine "klassische" Bauweise hier dem ganzen Besser stand gehalten hätte (man Erinnere sich nur an das Empire State Building, in das ja auch schon mal ein größeres Flugzeug geflogen ist, und das nur relativ leicht beschädigt wurde).

PeterS

Flammtest bei hochverdichteten Beton

Beitrag von PeterS » 11.11.2003 13:20

Wir hatten uns als Lehrlinge mal zur Anschauung einen Flammtest bei Stahlbeton angesehen. Obwohl hochverdichtet, befindet sich im Beton kristallin gebundenes Wasser in geringen Mengen aber auch Luftblasen. Nach etwa 2 Stunden Einwirkung eines heißen Feuers aus Anthrazit gab es einen heftigen Knall und aus der Betonwand war ein etwa 2 m² großes kegelförmiges Teil herausgesprengt.
WTC: Da Hochbauten zu DDR-Zeiten stets in Gleitkernschalung gefertigt wurden, hätte ein sehr heißes Feuer (fast) keine Auswirkungen auf die Standsicherheit gehabt. Zwar wäre das Gebäude völlig verräuchert, evtl. hätten angrenzende Räume Risse in den Wänden, aber bei schnell greifenden Rettungsmaßnahmen gäbe es keine Todesopfer. Problematisch waren die als "Feuerbrücken" bezeichneten Versorgungsschächte in den Sanitärzellen. Aber z.B. die Fahrstühle und Treppenhäuser lagen im Inneren der Bauten, allseitig vom Beton des Gleitkerns umgeben.

Für Nachfragen: Gleitkern bedeutet, das zuerst das Plattenfundament des Hochhauses errichtet wird. Darauf wird dann eine große Konstruktion aus Trägern, Schalblechen, Kränen usw. gestellt. Nun beginnt quasi im Fließbandverfahren das Flechten der Bewehrung, das Schütten des Betons und der Einbau von Türen und Traversen. Dabei gleitet diese Metallschalung langsam und ununterbrochen an seiner eigenen Konstruktion empor (entweder durch unten abbauen - oben aufbauen oder durch Hydrauliken emporgehoben) bis die endgültige Höhe des Bauwerkes erreicht ist. Dabei ruht diese Schalungskonstruktion auf den Traversen oder auf Trägern, die innerhalb des Kerns in den späteren Türöffnungen aufliegen. Danach wird der Gleitkernschalungsträger entfernt und rings um den nun fertigen Turm das Hochhaus aus Platten aufgebaut. Es gibt beinahe keine höhenmäßige Beschränkung. Nur die Kosten bestimmen die Höhe. Und die können durchaus astronomisch werden. Der Gleitkern dient dem Gebäude als Sicherung. Er enthält alle Ver- und Entsorgungsstränge, Lifte, Treppenhäuser usw. Und er kann durch feuerfeste Türen und besonders dicke Wände auch einen sehr heißen Feuer über mehrere Stunden standhalten.

mfg PeterS

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Beitrag von Maeks » 11.11.2003 20:19

Hallo Zusammen

@PeterS
Auf die Frage warum Betonstahl verostet eingebaut wird, liegt daran das es sich um blanken Stahl ohne Zunderschicht handelt der in verbindung mit Luftsauerstoff sofort eine chemische Reaktion eingeht.
es macht keinen Unterschied ob Betonstahl verostet oder metalisch blank eingebaut wird. Anders ist es bei Stahleinbauteilen die nicht von Beton umschlossen sind, die müßen vor Korrosion geschützt sein und werden daher meist Feuerverzinkt oder in V2A (Edelstahl) gefertigt.
Was die Gleitkernschalung aus DDR-Zeiten anbelangt, so kann ich dir sagen das diese Technik alter Hut ist und in aller Welt verwendet wird.

Hier noch ein Link über die Weltmeister im Schalungsbau:
http://www.peri.de/

Mit schönen Grüßen
Maeks :mrgreen:

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