"Olga" - Das erdachte Führerhauptquartier

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
Hans-Georg

"Olga" - Das erdachte Führerhauptquartier

Beitrag von Hans-Georg » 21.03.2010 19:05

Hallo - für alle Interessierten

In Fortsetzung der Darlegungen zur fernmeldetechnischen Sicherstellung der Hauptquartiere im Zweiten Welt-krieg.

In der einschlägigen Literatur liest man immer wieder, daß im letzten Kriegsjahr 1945 in Ohrdruf in Thüringen das „letzte Führerhauptquartier Olga“ gebaut wurde. Nach diesen Literaturquellen lag die Bauleitung beim Führungsstab S III in Luisenthal, der letztlich aber nur ein Teil der Gesamtführung war, die der Reichsführer SS und Befehlshaber des Ersatzheeres, Heinrich Himmler im Ohrdrufer Raum dem Generalleutnant der Waffen-SS, Hans Kammler übertragen hatte. Als Beleg für die Errichtung des Führerhauptquartiers werden die von KZ-Häftlingen ausgeführten umfangreichen - heute verschlossenen - Stollenbauten im Jonastal zwischen Ohrdruf und Arnstadt genannt.

Was aber geschah hier wirklich ? Mit welcher Zielstellung wurden im Jonastal 25 Stollen tief in den Berg ge-sprengt Auf diese Frage eine erschöpfende Antwort zu geben, dürfte wahrscheinlich kaum mehr möglich sein. Am 5. April 1945 besetzten Truppen der 3. US-Armee Ohrdruf und auch die Baustelle im Jonastal. Aber weder in deutschen Archiven noch in den Archiven der USA haben sich bis heut Unterlagen bzw. Dokumente finden lassen, die Auskunft geben über das, was dort tatsächlich gebaut wurde. In der Folgezeit wurde das alles dann zu einem breiten Nährboden für die abenteuerlichsten und wildesten Gerüchte, zu denen u.a. auch die Aussagen von sogenannten „Zeitzeugen“ über bezugsfertige edelholzgetäfelte, mit schweren Teppichen ausgelegte Räume für Hitler und die Wehrmachtführung zählen.

Alle vor und während des Krieges für Hitler und die Oberkommandos der Wehrmachtteile errichteten Haupt-quartiere unterlagen einer bestimmenden Grundsatzregel: Die Auswahl ihres Standortes und dessen fernmelde-technische Erschließung waren in jedem Falle entscheidend für die Zeitdauer ihrer Errichtung und für den Zeit-punkt ihrer Nutzungsfähigkeit. Während z.B. der Fernmeldeausbau von "Adlerhorst" (Ziegenberg bei Bad Nau-heim) und "Felsennest" (bei Münstereifel) aufgrund der günstigen Lage beider Orte im Fernkabelnetz der DRP nicht länger als ein halbes Jahr in Anspruch genommen hatte, dauerte der Fernmeldeausbau des Fü.HQu "Wolfs-schanze" im fernmeldetechnisch weniger erschlossenen Ostpreußen fast ein ganzes Jahr. Nicht zuletzt mußte auch „Riese“ nach einem Jahr unfertig aufgegeben werden. Obwohl die fernmeldetechnischen Bedingungen in Thüringen wesentlich günstiger lagen, wäre es - ausgehend von der damaligen militärischen Lage - unlogisch anzunehmen, daß man zum Jahresende 1944 noch mit dem Ausbau einer neuen zentralen Führungsstelle in zeit-aufwendiger Stollenbauweise begonnen hätte.

Betrachten wir demzufolge die militärgeschichtliche Entwicklung von Ohrdruf aus fernmeldetechnischer Sicht.

Am 13. Juli 1934 informierte die Heeresleitung das Reichspostministerium, daß für den Fall einer Schwerpunkt-bildung nach Westen auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf ein zweites Feldhauptquartier vorbereitet wird. Dazu sollte im Bereich des Truppenlagers Ohrdruf von der DRP eine ähnliche Fernmeldeanlage errichtet werden, wie sie im Stammlager Zossen geplant bzw. zu dem Zeitpunkt vorerst provisorisch im Bau war. Bis zur Fertigstellung der Ohrdrufer Nachrichtenanlagen sollte die Heeresleitung im Bedarfsfall in Eisenach, Gotha oder Erfurt untergebracht werden. (Archiv MPF, Akte 35/187 - VO/RPM Nr. 5696/34 vom 13.07.1934).

Während in Zossen bis zur Fertigstellung des Nachrichtenbunkers im Sommer 1939 für das Hauptquartier des OKH eine provisorische Nachrichtenzentrale errichtet wurde, begann man in Ohrdruf 1936/37 sofort mit dem Bau einer verbunkerten Fernmeldeanlage, dem „Amt 10“. Im Herbst 1938 war das am Ostrand des Truppenlagers Ohrdruf unterirdische zweistöckige Bunkerbauwerk mit allen Fernmeldeanlagen betriebsbereit. Bereits 1936 waren für beide Territorien Decknamen festgelegt worden. Der Raum Zossen wurde von da mit „Zeppelin“ und der Raum Ohrdruf mit „Olga“ getarnt.
Parallel zum Bau des Nachrichtenbunkers und der Vorbereitung der Führungsstelle wurden von der Deutschen Reichspost im Raum Ohrdruf - Gotha mehrere neue Fernkabel ausgelegt, um den Anschluß an das nationale Fernkabelnetz zu gewinnen, um im Falle der Nutzung der Führungsstelle Ohrdruf den großen Bedarf an Fernsprech- und Fernschreibleitungen decken zu können.

Die Entscheidung Hitlers, für den Feldzug gegen Holland, Belgien und Frankreich ein weiter westwärts gelegenes Hauptquartier zu nutzen, führte 1940 zur Errichtung der Führerhauptquartiere „Adlerhorst“ in Ziegenberg und „Felsennest“ im Raum Münstereifel. Damit schieden die im Truppenlager Ohrdruf und in Gießen für die Heeresführung vorbereiteten Unterkünfte als Hauptquartiere aus. Da zum gleichen Zeitpunkt die Deutsche Reichspost das bis dahin für die fernmeldetechnische Sicherstellung der Wehrmacht praktizierte relativ starre System der Störungsnetze in das wesentlich flexiblere „Heeresgrundnetz“ umgestaltete, erhielt das ursprünglich als Nachrichtenzentrale des Hauptquartiers des OKH errichtete Amt 10 eine neue Verwendung. Das Amt 10 wurde - ebenso wie das Bunkeramt „Ida“ in Gießen - zu einer der zahlreichen, über das ganze Reichsgebiet verteilten Durchgangsvermittlungen im Heeresgrundnetz. An dieser fernmeldetechnischen Konstellation änderte sich bis zum Herbst 1944 nichts wesentliches.

Im Ergebnis der durch die alliierten Luftangriffe anwachsenden Verluste an Entwicklungs- und Produktionska-pazitäten, hatte man im Spätsommer 1943 begonnen, kriegswichtige Einrichtungen nach Mitteldeutschland zu verlagern. Im Rahmen dieser Aktion war im Kohnstein, einem langgestreckten Bergmassiv bei Nordhausen - nach monatelanger Zwangsarbeit tausender KZ-Häftlinge - die unterirdischen Hauptproduktionsstätten der soge-nannten Vergeltungswaffen "V 2", in der Folgezeit auch der "V 1" entstanden. Die im mitteldeutschen Bergland gegebenen natürlichen Möglichkeiten ließen bald weitere Betriebe und Einrichtungen folgen. Gesteuert wurden alle diese Maßnahmen vom Reichsführer SS, Heinrich Himmler, der seit dem 20. Juli 1944 zugleich als Befehls-haber des Ersatzheeres fungierte. Als Sonderbevollmächtigten für die Produktion der "V 2" hatte Himmler am 6. August 1944 den Generalleutnant der Waffen-SS, Hans Kammler, eingesetzt und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Bis Anfang 1945 hatten diese unwahrscheinliche Dimensionen erreicht und Kammler zu einem, von den Führungsstäben der Wehrmacht in jeder Beziehung zu berücksichtigenden Machtfaktor werden lassen. Mit dem Befehl Himmlers vom 7. Februar 1945 hatte Kammler eines seiner ehrgeizigen Ziele verwirklicht und die Entwicklung, Erprobung und Fertigung sämtlicher Fernkampfwaffen und Luftabwehrgeräte in einem weiträumigen, in Mitteldeutschland gelegenen Sperrgebiet zusammengefaßt. Infolge dessen begann wenige Tage später die Evakuierung der Raketenversuchsanstalt Peenemünde und mehr als 4.000 Spezialisten mußten in den mitteldeutschen Raum übersiedeln.

Parallel dazu bezogen zahlreiche politische und staatliche Dienststellen und andere zivile Institutionen in Thü-ringen Ausweichquartiere als Ersatz für ihre dem Bombenkrieg zum Opfer gefallenen Friedensunterkünfte. Und als die Anfang Februar 1945 begonnene Offensive der Sowjetarmee immer mehr an Raum gewann und in zu-nehmenden Maße das politische und militärische Zentrum Hitlerdeutschlands bedrohte, begann Ende Februar auch die Verlegung erster Teile des Oberkommandos des Heeres in den thüringischen Raum. Aus Gründen des Luftschutzes waren nicht nur das Militärlager Ohrdruf, sondern auch Orte wie z.B. Gotha, Arnstadt, Ilmenau, Schmalkalden, Ruhla, Weimar, Georgenthal, Friedrichroda, Tabarz, Herrenhof, Tambach-Dietharz und Elgersburg zur Unterbringung für die zahlreichen militärischen Dienststellen vorgesehen. Nun sprach man von der Evakuierung in den Raum „Olga“. Das damit verbundene sprunghafte Anwachsen des Bedarfs an Fernmelde-verbindungen führte im Amt 10 zu einer personellen Aufstockung des Bedienungspersonals.

Unter diesen Umständen war es nicht verwunderlich, wenn auch der Kommandant des Führerhauptquartiers,
Oberst Streve, den mitteldeutschen Raum als möglichen neuen Standort des Fü.HQu in Betracht zog. Letztend-
lich hatte man nur noch die Wahl zwischen Berlin, dem mitteldeutschen Raum und dem Raum Berchtesgaden -
Reichenhall, der mit dem Decknamen "Serail" getarnt war. Bereits im August 1944 war während einer Beratung
beim Chef des Wehrmachtführungsstabes festgelegt worden, einen „ .... Führerentscheid herbeizuführen ob in
diesem Raum eine neue FHQu-Unterkunft zu errichten ist.“
(Aktenvermerk zu dieser Besprechung). Ob und wann das erfolgt ist, kann nicht belegt werden.

Am 9. März 1945 informierte der Chefadjutant Hitlers, General der Infanterie Burgdorf, die Wehrmachtteile über einen Führerbefehl, der von der einschlägigen Literatur in der Regel als Beleg dafür gewertet wird, daß von Kammler in Ohrdruf ein neues Führerhauptquartier gebaut werden sollte. Darin heißt es „.... Auf Befehl des Führers hat Reichsführer SS im Raum Ohrdruf den Ausbau einer neuen Unterkunft FHQu übernommen. Mit der Durchführung ist SS-Gruppenführer Kammler beauftragt worden. Auf Grund der gemäß Führerentscheid vorzubereitenden und teilweise durchzuführenden Verlegung des FHQu.s und anderer Dienststellen in diesen Raum ist eine Neuregelung der örtlichen Leitung und Lenkung der baulichen und unterkunftsmäßigen Fragen erforderlich. Im Einvernehmen mit SS-Gruppenführer Kammler wird für alle auftretenden Bau- und Unterkunftsfragen sowie zur Sonderzugabstellungen als dessen Vertreter der dem Chefadjutanten der Wehrmacht beim Führer unterstehende Oberst Streve, Kommandant Führerhauptquartier bestimmt.“ (Adjutantur der Wehrmacht beim Führer - Br.B. Nr.340/45 g.Kdos v. 9.3. 1945 - BA - MA - RH 2/2942)

Berücksichtigt man die immer aussichtsloser werdende militärische Lage, die zu diesem Zeitpunkt bereits alle Entscheidungen und Handlungen der politischen und militärischen Führung bestimmte, dann ist der o.g. Führer-befehl nur unter dem Aspekt zu verstehen, daß mit der befohlenen Neuregelung eine straffe Koordinierung der Unterbringung der zahlreichen in den mitteldeutschen Raum drängenden militärischen und zivilen Führungsstäbe mit dem Ziel erreicht werden sollte, die Bauvorhaben der SS nicht zu stören oder zu beeinträchtigen.

Die Notwendigkeit hierfür zeigte sich auch im Bereich des Fernmeldewesens. Obwohl die DRP mit Unterstüt-zung des Fü.NaRgt. 601 fieberhaft an der fernmeldetechnischen Sicherstellung der unzähligen Ausweichquartiere arbeitete, mußten Einschränkungen in Kauf genommen werden. Fernsprechanschlüsse konnten nur begrenzt bereitgestellt werden und Fernschreibverkehr war für die meisten Ausweichquartiere überhaupt nicht möglich. Die Gründe hierfür lagen vor allem darin, daß zahlreiche Unterbringungsorte keinen Zugang zum Fernkabelnetz hatten und deshalb vom Amt 10 - das im Oktober 1944 vom Heer wieder als Nachrichtenzentrale aktiviert worden war - teilweise nur über noch bestehende oberirdische Fernmeldelinien erreichbar waren. Und was das im Jonastal erdachte bzw. konstruierte „letzte Führerhauptquartier“ betraf, so gab es keinerlei Verbindungen zum bestehenden Amt 10 im Truppenlager. Obwohl die DRP im Auftrage des Oberkommandos der Wehrmacht prinzipiell alle Fernmeldekabelverbindungen - auch die in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten - herstellte, erhielt das Reichspostministerium 1944/45 keine Aufträge zur Einbindung eines neuen Führerhauptquartiers in das Fernkabelnetz.

Die in den März- und Apriltagen 1945 in schneller Folge ablaufenden militärischen Ereignisse machten schließ-lich alle Planungen hinfällig und ließen die angelaufenen Verlegungsmaßnahmen in den mitteldeutschen Raum in ihren Anfängen stecken bleiben. Am 28. März verzeichnete das Kriegstagebuch des Wehrmachtführungsstabes heftige Kämpfe auf der Linie Siegen - Marburg - Gießen - Frankfurt/M. Am 31. März stießen amerikanische Truppen bis Hersfeld vor und am 2. April standen sie kurz vor Eisenach. Das hatte zur Folge, daß sich der Stab des Oberbefehlshabers West von Schloß Ziegenberg bei Bad Nauheim fluchtartig über Fulda bis nach Ohrdruf zurückziehen mußte. Am 31.März 1945 bezog er das ursprünglich für den Generalstab des Heeres vorgesehene Truppenlager in Ohrdruf, mußte es aber schon zwei Tage später in Richtung Blankenburg wieder verlassen. Dadurch war für Ohrdruf eine neue Situation entstanden und alle weiteren Verlegungsmaßnahmen der Heeres- und Wehrmachtführung sowie der anderen militärischen und zivilen Einrichtungen konzentrierten sich nunmehr ausschließlich auf den süddeutsche Raum um Berchtesgaden - Bad Reichenhall.

Unter Berücksichtigung der Gesamtentwicklung im letzten Kriegsjahr muß also das „letzte Führerhauptquartier Olga“ nur mehr als eine Vision bezeichnet werden.

Hans-Georg
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MikeG
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Beitrag von MikeG » 21.03.2010 19:28

Hallo Hans-Georg!

Was für eine Wohltat, zu diesem Thema einmal einen fundierten Text ohne Mythen und Vermutungen zu lesen. Vielen Dank!

Mike

SuR
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Re: "Olga" - Das erdachte Führerhauptquartier

Beitrag von SuR » 21.03.2010 20:59

Hans-Georg hat geschrieben:Hallo - für alle Interessierten

In Fortsetzung der Darlegungen zur fernmeldetechnischen Sicherstellung der Hauptquartiere im Zweiten Welt-krieg.

In der einschlägigen Literatur liest man immer wieder, daß im letzten Kriegsjahr 1945 in Ohrdruf in Thüringen das „letzte Führerhauptquartier Olga“ gebaut wurde. Nach diesen Literaturquellen lag die Bauleitung beim Führungsstab S III in Luisenthal, der letztlich aber nur ein Teil der Gesamtführung war, die der Reichsführer SS und Befehlshaber des Ersatzheeres, Heinrich Himmler im Ohrdrufer Raum dem Generalleutnant der Waffen-SS, Hans Kammler übertragen hatte. Als Beleg für die Errichtung des Führerhauptquartiers werden die von KZ-Häftlingen ausgeführten umfangreichen - heute verschlossenen - Stollenbauten im Jonastal zwischen Ohrdruf und Arnstadt genannt.

Was aber geschah hier wirklich ? Mit welcher Zielstellung wurden im Jonastal 25 Stollen tief in den Berg ge-sprengt Auf diese Frage eine erschöpfende Antwort zu geben, dürfte wahrscheinlich kaum mehr möglich sein. Am 5. April 1945 besetzten Truppen der 3. US-Armee Ohrdruf und auch die Baustelle im Jonastal. Aber weder in deutschen Archiven noch in den Archiven der USA haben sich bis heut Unterlagen bzw. Dokumente finden lassen, die Auskunft geben über das, was dort tatsächlich gebaut wurde. In der Folgezeit wurde das alles dann zu einem breiten Nährboden für die abenteuerlichsten und wildesten Gerüchte, zu denen u.a. auch die Aussagen von sogenannten „Zeitzeugen“ über bezugsfertige edelholzgetäfelte, mit schweren Teppichen ausgelegte Räume für Hitler und die Wehrmachtführung zählen....
Hallo Hans-Georg,

vielen Dank für die gute Zusammenfassung.

Zu obigem Zitat möchte ich nur kurz einwerfen, dass es durchaus die eine oder andere archivalische Quelle hinsichtlich des Zecks von S III gibt - allerdings sind sie nicht ganz einfach zu finden. Hinweisen möchte ich auf das Vernehmungsprotokoll von Karl Fiebinger, dem damals zuständigen Leiter des Planungsbüros: http://ecc.pima.edu/~gusen/Fiebinger/Ma ... .2.7_E.PDF , dort Punkt a) 7).

Viele Grüße

Florian
LG,
SuR

hebbel
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Beitrag von hebbel » 21.03.2010 22:22

Eine Wohltat ist es schon, da kann ich Mike nur recht geben. Da ich mich auf Wunsch eines einzelnen Herrn mit gewissen Dokumenten näher beschäftigen muß :mrgreen: , kann ich noch Ausschnitte zum "Master"-Dokument des im erwähnten erwähnten Link bezeichneten Dokuments beisteuern. Der Inhalt und die Formatierung sind identisch. Es handelt sich um das "BIOS-Exemplar" folgenden "Interrogation Reports", Verteiler: 85 Exemplare": Siehe Anhang
Copyright NARA.

(Janz uff die Jenaue)

Gruß
Hebbel
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ssch
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Beitrag von ssch » 22.03.2010 15:10

Tag, die Herren. :mrgreen:

Was ist denn mit den Memoiren von Albert Praun, dem damaligen General der Nachrichtentruppe?
Albert Praun, Soldat in der Telegraphen- und Nachrichtentruppe. Würzburg 1965, S. 243 f. hat geschrieben:Endlose Besprechungen über ein weiteres Führerhauptquartier der nicht maßgebenden Herren des Stabsquartiers und der Führernachrichtenabteilung fanden statt, an denen ich zeitweise teilnahm, nachdem ich mich erst über dieses Problem hatte unterrichten lassen. Von Jodl war keine Entscheidung für die nächste Zukunft zu erhalten. [...] Die bombengeschützte Vermittlung "Olga" war auf die wichtigsten Ost-West- und Nord-Südfernkabel in den nächsten Verstärkerämtern abgestützt. Die Vermittlung war den ganzen Krieg über besetzt. In der Nähe von Arnstadt ließ der Reichsführer SS durch KZ-Häftlinge eine Stollenanlage bauen, welche er Hitler zu seinem Geburtstag, am 20. April 1945, zum Geschenk machen wollte. Sie war bei weitem nicht für alle Teile des Führerhauptquartiers berechnet, die für die Arbeitsfähigkeit gebraucht wurden. So sollten die unzulänglichen Fernmeldeanlagen "Olga" erweitert und die auffallenden Kasernenanlagen des Übungsplatzes als Arbeits- und Unterkunftsräume für die notwendigen Stäbe eingerichtet werden. Der auf diesen Raum zielende Vorstoß der Amerikaner unterbrach bald darauf die Arbeiten.
Albert Praun erinnerte sich also, an Besprechungen über ein neues Führerhauptquartier in Thüringen teilgenommen zu haben. Dass er als General der Nachrichtentruppe zu diesen Besprechungen hinzugezogen wurde, macht deutlich, dass man sich durchaus Gedanken über die fernmeldetechnische Seite - also letztlich über die Führungsfähigkeit - gemacht hat. Wie die resultierenden Planungen schließlich ausgesehen haben, wissen wir nicht genau und müssten spekulieren. Man mag aus Prauns Erinnerungen auch Zweifel herauslesen, inwieweit er selbst diese Planungen für realistisch oder sinnvoll hielt. Aber wenn ich Praun folge, dann gab es durchaus Überlegungen zur fernmeldetechnischen Anbindung von "S III", in denen "Amt 10" eine wichtige Rolle spielte.

Viele Grüße
Sebastian

Hans-Georg

Beitrag von Hans-Georg » 23.03.2010 09:35

Hallo Sebastian,

Die Memoiren von Praun, dem letzten Chef des Heeresnachrichtenwesens im Hinblick auf „Olga“ sind bekannt. Zweifelsohne hat es damals, d.h. um den Jahreswechsel 1944/45 Gedanken und demzufolge auch Besprechun-gen gegeben, die die fernmeldetechnische Versorgung der Stäbe für den Fall ihrer Verlegung zum Inhalt hatten. Praun schreibt aber selbst, daß die Teilnehmer „nicht maßgebend“, d.h. nicht entscheidungsbefugt waren und von „oben“ keine konkreten Festlegungen vorlagen bzw. zu erwarten waren. Letztlich deutet diese Bemerkung von Praun daraufhin, daß zu diesem Zeitpunkt die oberste Führung - nicht zuletzt durch die sich schnell ver-schlechternde militärische Lage - in ihren Entscheidungen bereits erheblich gelähmt war.

Im November 1944 hatte man die „Wolfsschanze“ vor der anrückenden Roten Armee aufgeben müssen und war nach Berlin zurückgegangen. Ein Ausweichen der Führung nach Schlesien war nicht möglich, da sich die Front auch diesem Territorium näherte und das geplante Fü.HQu. „Riese“ noch im Bau war. Die letzte Offensive im Westen war gescheitert und Hitler von „Adlerhorst“ bzw. „Wiesental“ (Ziegenberg) im Januar 1945 wieder nach Berlin zurückgekehrt. Für die Wehrmachtführung gab es dort schon keinen Platz mehr, so daß diese in Zossen beim OKH unterkommen mußte. Eine räumliche Veränderung seines Aufenthaltsortes lehnte Hitler ab.
An anderer Stelle seiner Memoiren sagt Praun sinngemäß, daß das verbleibende Territorium in der Mitte des Reichsgebietes so klein geworden war, daß es kaum noch etwas zu führen gab. Für ein Ausweichen der militäri-schen Stäbe und Dienststellen, aber auch der zentralen politischen und staatlichen Institutionen blieb also nur noch der mitteldeutsche Raum und die sogenannte „Alpenfestung“, die übrigens gar keine Festung war.

Daß man unter diesen Umständen Ende 1944 nicht den Bau eines neuen Führerhauptquartiers in Erwägung ge-zogen hat, sondern nur noch die Verlegung und provisorische Unterbringung seiner Teile im Sinn hatte - u.a. auch in`s Truppenlager Ohrdruf - dürfte doch wohl naheliegend sein.

Und was die Stollenanlage im Jonastal betrifft, so war ihre Kapazität für ein Führerhauptquartier gar nicht aus-reichend dimensioniert, schreibt Praun. Außerdem hätte die fernmeldetechnische Erschließung der Stollenanlage in jedem Fall die Mitwirkung der Deutschen Reichspost erfordert, was aber in den einschlägigen Akten des Reichspostministeriums nicht nachweisbar war.

Allerdings muß die Aussage von Praun die Kapazität der im Bau befindlichen Anlage betreffend stark bezweifelt werden, wenn man die Tatsache berücksichtigt, daß dort 25 Stollen mehrere hundert Meter tief in den Berg ge-trieben wurden.
Was auch immer dort entstehen sollte, ein neues Führerhauptquartier offenbar nicht.

Hans-Georg

huemel
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Beitrag von huemel » 25.03.2010 17:46

Hans-Georg, da Du ja nachrichtentechnisch so ein fundiertes Wissen hast, habe ich mal eine Frage. Natürlich auch an die anderen User selbstverständlich. Wie wurden damals die Nachrichtenkabel eigentlich verlegt? Wie muß ich mir als Laie das vorstellen? Besonders interessiert mich dabei das FK 224 (glaube ich mich zu erinnern) von Arnstadt in Richtung Alkersleben/Zossen. Das soll nämlich bei mir fast vor der Haustür vorbeigegangen sein, aber mein "Eingeborener" erinnert sich nur an eine zweiadrige Freileitung. Das kann ja wohl nicht sein! Wann sind diese Leitungen denn verlegt worden und gibt es dafür konkrete Pläne? Nicht das ich die Leitung anzapfen will und horchen ob noch jemand abnimmt, aber interessieren würde mich das schon.

MfG huemel

Hans-Georg

Beitrag von Hans-Georg » 28.03.2010 16:04

Hallo Huemel,

komme erst heut dazu, Deine Frage zu beantworten.

Das Fk 224 war ein sogenanntes Maschenkabel vom Typ 102a, das von Stutzhaus über Crawinkel nach Arnstadt verlief, insgesamt 27 km. Das Kabel - etwa 1,5 m tief in der Erde verlegt - wurde am 01.08.1938 fertiggestellt.

Maschenkabel (Nr. 201 bis 285) waren niederfreqente Fernmeldekabel, die von der Deutschen Reichspost im Auftrage der Wehrmacht im Rahmen sogenannter Sonderbauprogramme ausgelegt und demzufolge auch aus Sondermitteln finanziert wurden. Mit Hilfe dieser Maschenkabel wurde das normale Fernkabelnetz der Deutschen Reichspost "vermascht", d.h. diese Kabel verliefen in der Regel immer zwischen zwei oder mehreren regulären Fernkabeln der Deutschen Reichspost bzw. zwischen zwei Maschenkabeln, wodurch für den Kriegsfall wichtige Umgehungswege im Fernmeldenetz geschaffen wurden. Die Sonderbauprogramme begannen 1935 und wurden bis in die ersten beiden Jahre des Zweiten Weltkrieges durchgeführt.

Das Fk 224 verlief zwischen den beiden Maschenkabeln Fk 202 Ohrdruf (Amt 10) - Erfurt und Fk 220 Gotha - Eisfeld. Berührungs- bzw. Schaltpunkte waren das Amt Stutzhaus im Fk 220 und Arnstadt im Fk 202. Eine Besonderheit des Fk 224 bestand darin, daß das Kabel zwar 1938 fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen wurde. Offenbar hing das mit der Entscheidung des OKH zusammen, Ohrdruf vorerst nicht als Hauptquartier zu nutzen. In Betrieb genommen wurde das Kabel erst 1944 als die große Verlegungsaktion in den mitteldeutschen Raum begann.

Gruß Hans-Georg

huemel
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Beitrag von huemel » 29.03.2010 20:45

Danke, Hans- Georg! Damit klärt sich in den von mir bezeichnetem Raum einiges. Waren die Kabel auch mit den Kabelsteinen der Reichpost markiert?

MfG huemel

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Cremer
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Beitrag von Cremer » 30.03.2010 20:09

@Hans-Georg,

das sind die mir schon von Ihnen bestens bekannten und fundierten Ausführungen was die gesamte Fernmeldetechnik bis 1945 betrifft.

Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen hier im Forum

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