Mauerwald - Hauptquartier des OKH

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
Antworten
Hans-Georg

Mauerwald - Hauptquartier des OKH

Beitrag von Hans-Georg » 14.03.2010 12:48

Hallo an alle Interessierten

Aus meinen langjährigen Forschungen zur Geschichte des militärischen Nachrichtenwesens sollen nachfolgend einige Aspekte der fernmeldetechnischen Sicherstellung der Hauptquartiere der Heeres- und Wehrmachtführung während des Zweiten Weltkrieges bekannt gemacht werden. Begonnen wird mit dem Hauptquartier "Mauerwald" des OKH in Ostpreußen.

Fester Bestandteil der Vorbereitung des Feldzuges gegen die Sowjetunion war der Ausbau von Feld-Hauptquartieren für die Wehrmacht- und Heeresführung. Nachdem Hitler Anfang Oktober 1940 den Görlitzer Forst nahe Rastenburg als Platz für das Führerhauptquartier (später "Wolfsschanze") festgelegt hatte, begannen unmittelbar danach auch die Arbeiten am künftigen Hauptquartier des OKH - etwa 20 km entfernt am Mauersee. Für den Bau der Hauptquartiere war in Berlin eine Scheinfirma mit dem Decknamen "Askania" gegründet worden, die mit der Org Todt nicht nur die Bauten nahe Rastenburg und im Mauerwald ausführte, sondern auch zwei weitere - ggf. in Betracht zu ziehende Fü.HQu. im Mittel- bzw. im Südabschnitt der künftigen Ostfront.errichtete. Die in dem Zusammenhang von der Deutschen Reichspost vorzubereitende fernmeldetechnische Sicherstellung, lief für die jeweiligen Standorte unter den Deckbezeichnungen "Telegrafenbaustelle Askania Nord" bzw. "Süd" oder "Mitte"

Als am 23.06.1941 die 1. Staffel des Generalstabes des Heeres das Hauptquartier im Mauerwald bezog, fand man dort voll funktions- und sofort nutzungfähige Nachrichtenverbindungen zu allen gegen die Sowjetunion aufmarschierten Heeresgruppen und Armeen vor. In den zurückliegenden 7 Monaten waren von der Deutschen Reichspost im Zusammenwirken mit der Nachrichtentruppe im Rahmen des sogenannten Wirtschaftsausbaues Ost" insgesamt 1366 km Fern- und Luftkabel zusätzlich ausgelegt und montiert worden. Und unmittelbar vor Angriffsbeginn waren allein für die oberste Führungsebene mehr als 600 Fernsprech- und Fernschreibleitungen geschaltet worden.

Das flächenmäßig ausgedehnte Hauptquartier des OKH im Mauerwald selbst unterteilte sich in drei relativ selbständige Teilbereiche. Das Lager "Fritz" beherbergte die operativen Teile des Generalstabes, die dort in zahlreichen numerierten Baracken arbeiteten und untergebracht waren. So arbeitete z.B. der Chef des Heeres-Nachrichtenwesens mit seinem Stab in der Baracke Nr. 5 unmittelbar neben der Operationsabteilung, die in der Baracke 4 untergebracht war. Für den Generalquartiermeister und seinen Stab war der am Ufer des Mauersees gelegene Teilbereich "Quelle" errichtet worden. Und für die Unterbringung der zahlreichen weiblichen Hilfskräfte, den Stabs- und Nachrichtenhelferinnen war an der Südstraße ein dritter Telbereich "Brigittenstadt" entstanden.
Zum Zeitpunkt des Bezugs im Juni 1941 bestand das Hauptquartier des OKH fast ausschließlich aus mehr oder weniger stabilen Barackenbauten die erst in der Folgezeit nach und nach durch große und massive Betonbauten (Bunker) ergänzt wurden.

Zu diesen anfangs wenigen Bunkern zählte die Nachrichtenzentrale, die nördlich der Südstraße gegenüber dem Lager "Brigittenstadt" errichtet worden war und die aus zwei Bauteilen - etwa 30 m vorneinander entfernt - dem sogenannten Fernsprechhaus und dem Fernschreibhaus bestand. Jedes dieser Häuser aus Holz stand auf einem halb aus der Erde ragenden Betonkörper, dem eigentlichen Bunker, der die unmittelbar zu schützenden Teile der Nachrichtenzentrale aufnahm. Die eigentliche Vermittlung befand sich im hölzernen Obergeschoß, so daß die Nachrichtensoldaten grundsätzlich bei Tageslicht arbeiten konnten. Schließlich führte an der zur Straße zeigenden Stirnseite jedes Gebäudes eine breite Freitreppe zu einer geräumigen Veranda, die von den Nachrichtensoldaten in den Pausen ausgiebig genutzt wurde.
Beide Häuser waren durch einen technischen Stollen verbunden, in dem die Kabel geführt wurden. Zwischen beiden Häusern stand die sogenannte "Post", ein kleines Gebäude für die Sammlerladestation.

Für die Funkzentrale war nördlich des Fernschreibhauses eine relativ kleiine Holzbaracke errichtet worden, in der die Empfänger standen, mit denen die ankommenden Funksprüche aufgenommen wurden bzw. von denen aus die mehrere Kilometer entfernt installierten Sender fernbedient wurden. Die Sender selbst standen in kleinen Holzhütten im Raum Perlswalde nordwestlich von Angerburg. Während die zum Fü.NaRgt. 601 gehörenden Senderbedienungen unweit davon im Gut Reussen untergebracht waren, lebten die Soldaten der Fernsprech- und Fernschreib-Betriebskompanien und die übrigen Funker in einer Kaserne.in Angerburg. Von hier aus wurden sie zu den Ablösezeiten per Eisenbahn zu ihrem Einsatzort im Hauptquartier gebracht. Ab 1943 wurde im Hauptquartier eine weitere Baracke für den Funkfernschreibdienst eingerichtet.

Die Nachrichtenzentrale des Hauptquartiers des OKH mit dem Decknamen "Anna" sicherte während des gesamten Zeitraumes ihrer Nutzung ununterbrochen arbeitende und stabile Nachrichtenverbindungen für die Truppenführung. Als die Führungsstellen in Ostpreußen im November 1944 vor der anrückenden Roten Armee endgültig geräumt werden mußten, wurden die Anlagen zur Sprengung vorbereitet. Während die "Wolfsschanze" im Januar 1945 fast vollständig zerstört wurde, blieben die Bunkerbauten im Mauerwald weitgehend erhalten und können heute besichtigt werden.

Soweit für heut.
Hans-Georg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
argus
Forenuser
Beiträge: 257
Registriert: 19.10.2005 17:59
Ort/Region: Nürnberg

OKH

Beitrag von argus » 14.03.2010 13:13

Hallo Hans Georg!

Danke für diese interessanten Ausarbeitung!
Ich habe Zugang zum Tagebuch eines Stabsoffiziers, der selbst einige Monate in Mauerwald verbrachte.

Ich werde dort bei der nächsten Gelegenheit mal reinschauen, ob ich für Dich neue Informationen finde.

In Erinnerung sind mir allerdings keine Sensationen, sondern mehr banale Aussagen wie "Abends im Kino ""Quax der Bruchpilot"" angesehen" oder "Besprechung bei Stab xxx".

Vielleicht erschließt sich mir aber der Inhalt des Tagebuch durch Deine Ausarbeitung etwas besser als bisher.
Internet - Recherchen brachten, außer einem Lageplan, für mich bisher keine neuen Erkenntnisse.

Gruß!

argus

Hans-Georg

Beitrag von Hans-Georg » 14.03.2010 14:07

Hallo argus,

handelt es sich um die Publikation v.d.Leyen, "Rückblick zum Mauerwald ?".
Tatsächlich nur mehr oder weniger allgemein gehaltene Informationen. Geht nicht in die Tiefe.

Noch eine ergänzende Darstellung von der Nachrichtenzentrale im Mauerwald.

Hans-Georg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
Markus
Forenuser
Beiträge: 676
Registriert: 11.12.2002 15:23
Ort/Region: Seevetal

Beitrag von Markus » 14.03.2010 14:09

Aktuelle Fotos zum Mauerwald-Komplex gibt es u.a. hier:

http://www.mauerwald.com/de/kwatera_g-de.html
Militärgeschichtliche Exkursionen und Recherchen / Maas - Argonnen - Champagne / Preußischer und französischer Festungsbau

Benutzeravatar
argus
Forenuser
Beiträge: 257
Registriert: 19.10.2005 17:59
Ort/Region: Nürnberg

Spärliche Quelle

Beitrag von argus » 14.03.2010 19:10

Hallo Hans Georg!
Hans-Georg hat geschrieben:handelt es sich um die Publikation v.d.Leyen, "Rückblick zum Mauerwald ?".
Nein, es ist die von "Marcus" genannte Seite.


Gruß!

argus

Benutzeravatar
-zAc- (†)
Forenuser
Beiträge: 309
Registriert: 05.01.2004 23:07
Ort/Region: Hamburg

Mauerwald - Lage und Erläuterung

Beitrag von -zAc- (†) » 14.03.2010 20:00

Hallo zusammen,

hier eine Übersicht der Örtlichkeiten.

Beste Grüße
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
-zAc-
Mit leerem Kopf nickt es sich leichter. (Žarko Petan)

Hans-Georg

Beitrag von Hans-Georg » 15.03.2010 09:13

Zur Ergänzung der bisherigen Angaben zum HQu. der Heeresführung im Mauerwald:

Die Kapazitäten der Nachrichtenzentrale:

Fernsprechhaus „Anna“ - Bunkeretage:
- Wählamt - 3.000 AE - (5 Gestelle mit Dreh- und Hebdrehwählern) für die Stabsanschlüsse in den Arbeits- und Unterkunftsbaracken,.
- Notvermittlung (mit Hilfe von 4 Hebelschaltern - etwa 0,30 x 1,0 m - von oben nach unten in den Bunker umschaltbar).
- ein Meßplatz.
- der Hauptverteiler (VH) mit waagerechter und senkrechter Seite auf Trägerrahmen - 2,5 x 2,5 m.
- ein Ringübertragergestell (Abschluß der Fernleitungen).
- eine TF-Einrichtung MGK 15 (Siemens - je 1 NF- u.14 HF-Kanäle über Drehkreuzleitungen).
- eine TF-Einrichtung MEK 8 (AEG)
- Umformer- und Gleichrichteranlagen.

Fernsprechhaus „Anna“ - Erdgeschoß:
- Dienstzimmer L.d.N. (Leiter des Nachrichtenbetriebes),
- Fernanmeldung. Hier wurden die Ferngespräche von den Wählamtsteilnehmern angemeldet und
zur Herstellung der Gesprächsverbindung in die gegenüberliegende Vermittlung gegeben.
- Handbediente Fernsprechvermittlung (Stabsvermittlung 10 Plätze),
- Fernvermittlung: 15 Plätze, Fernschränke von Siemens und von Mix & Genest mit „IV“-Platz (Inverter).
- Aborte und Waschräume.

Fernsprechhaus „Anna“ - Dachgeschoß:
- Aufenthaltsraum für den Entstörtrupp,
- Fernsprech-Geräte- und Werkstattlager,

Fernschreibhaus „Anna“ - Bunkeretage:
- Fernschreibvermittlung „TANNA“ des Chefs Trsp.Wesen (2 Schränke T 34 mit je einer Abfragemaschine. Die Arbeitsmaschinen (etwa 20 Maschinen und 1 Hellschreiber) standen in der Baracke „M 15“ auf der anderen Seite des Südringes)

Fernschreibhaus „Anna“ - Erdgeschoß:

Fernschreibhaus „Anna“ - Dachgeschoß:

Gebäude mit der Bezeichnung „Post“:
- Stromversorgung für das Fernsprech- und Fernschreibhaus
- Sammler- (Akku-) Ladestation.

Baracke der Funk-Empfangszentrale

Funk-Fernschreib-Betriebshaus „FB“: (errichtet 1942/43)
Die dazugehörenden Empfangsantennen standen in dem Waldstück Bahnhofstraße - Waldstraße. Die Empfänger Typ „Funkhorchempfänger Cäsar“ waren in einem unterirdischen Bunker, Tageslicht durch Fenster in Augenhöhe, untergebracht. Ringsum das Gelände eine Viehkoppel mit Pferden. Antennen: Es waren zusammensetzbare sog. Rhombus-Richtantennen. Eine Schenkellänge etwa 100 m in einer Höhe von 25 m aufgespannt. Vorgefertigte Masten mit Steig-Querlatten, Baukastensystem.“

Alle vorstehenden Angaben zur Raumaufteilung und den Kapazitäten der Nachrichtenzentrale basieren auf zahlreichen - miteinander verglichenen - Aussagen von Nachrichtensoldaten, die dort eingesetzt waren und vor Ort gearbeitet haben.

Hans-Georg

Benutzeravatar
Kurfuerst
Forenuser
Beiträge: 144
Registriert: 20.09.2005 17:28
Ort/Region: Nürnberg
Kontaktdaten:

Beitrag von Kurfuerst » 15.03.2010 15:06

Lieber Hans-Georg vielleicht kannst du auch mal was zu den Richtfunk Strecken der damaligen zeit schreiben, denn dazu gibt es auch kaum etwas im Netz zu finden.

Büttner
Forenuser
Beiträge: 353
Registriert: 02.05.2006 18:44
Ort/Region: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Mauerwald - Hauptquartier des OKH

Beitrag von Büttner » 27.03.2010 13:00

Hans-Georg hat geschrieben:Zu diesen anfangs wenigen Bunkern zählte die Nachrichtenzentrale, die nördlich der Südstraße gegenüber dem Lager "Brigittenstadt" errichtet worden war und die aus zwei Bauteilen - etwa 30 m vorneinander entfernt - dem sogenannten Fernsprechhaus und dem Fernschreibhaus bestand. Jedes dieser Häuser aus Holz stand auf einem halb aus der Erde ragenden Betonkörper, dem eigentlichen Bunker, der die unmittelbar zu schützenden Teile der Nachrichtenzentrale aufnahm. Die eigentliche Vermittlung befand sich im hölzernen Obergeschoß, so daß die Nachrichtensoldaten grundsätzlich bei Tageslicht arbeiten konnten. Schließlich führte an der zur Straße zeigenden Stirnseite jedes Gebäudes eine breite Freitreppe zu einer geräumigen Veranda, die von den Nachrichtensoldaten in den Pausen ausgiebig genutzt wurde.
Beide Häuser waren durch einen technischen Stollen verbunden, in dem die Kabel geführt wurden. Zwischen beiden Häusern stand die sogenannte "Post", ein kleines Gebäude für die Sammlerladestation.
Deren Gebäudereste warfen bei meinem letztmaligen Besuch vor Ort einige Fragen auf da ich absolut nicht wusste was das für eine merkwürdige Installation war. Danke für die umfängliche Erklärung. Ich schaue mal ob ich dort auch noch einige Fotos gemacht habe. Diese Zone ist heute vollständig zugänglich.

Anders jener Bereich auf den folgenden Bildern - dieser gilt als "museal" aufbereitet, also Eintrittsgeld bezahlen.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

DK2ZF
Forenuser
Beiträge: 5
Registriert: 18.12.2010 08:49
Ort/Region: 21255 Kakenstorf

Re: Mauerwald - Hauptquartier des OKH

Beitrag von DK2ZF » 27.08.2023 09:34

Komme gerade aus Ostpreußen zurück. Leider OKH Mauerwald übersehen... Erst zuhause im Blochplan die Hinweise entdeckt. z.B. "Bunker Lammers".

Von Steinort aus wäre es ein Katzensprung gewesen!

Also: im nächsten Jahr noch einmal hin...

Gruß

Rolf

Antworten