Katastrophenschutzeinrichtungen in Lüneburg

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
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derlub
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Katastrophenschutzeinrichtungen in Lüneburg

Beitrag von derlub » 22.11.2009 02:17

Hallo.

Ich suche für den Kreis Lüneburg nach Katastrophenschutzeinrichtungen. Hierbei interessieren mich besonders baulich geschützte Anlagen.

Folgendes ist mir bisher bekannt.

1) In Lüneburg, Oedemer Weg gabt es ein vollgeschütztes Hilfskrankenhaus, welches 1970-1975 errichtet wurde und bis 1997 über 800 Betten verfügte. Danach wurde es entwidmet und wird vermutlich bis heute als reiner Zivilschutzraum geführt.

2) Die Bezirksregierung Lüneburg hatte eine geschützte Befehlsstelle unter Ihrem Verwaltungsgebäude an der Reichenbachstraße. Die Tiefgarage wurde als Mehrzweckanlage ausgeführt.
FRAGE: War die Befehlsstelle in die MZA integriert?

3) Für den Kreis Lüneburg waren unter anderem folgende KatS-Einrichtungen vorbereitet:
1xStab-HVB
1xAMASt
2xBAMSt
FRAGE: Wo waren diese Einrichtungen genau untergebracht und waren sie luftschutzmäßig gesichert?
Die AMASt wird vermutl. in den Räumlichkeiten des HVB angegliedert gewesen sein. Die BAMSten müssten theoretisch an Orten mit einer guten Rundumsicht gewesen sein.

Ich würde mich freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte (Godeke, Kats-tom?).

Grüße,
Christoph

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Godeke
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Beitrag von Godeke » 22.11.2009 09:42

Hallo :-) ,

das Hilfskrankenhaus lag im Oedemer Weg, und zwar unter dem Schulzentrum Odeme, genau gesagt unter der Realschule. Meines Wissens und Unterlagen nach hatte es allerdings nicht 800, sondern 400 Betten. Es wurde im Oktober 1977 mit einer großen Vollübung und vielen Gästen aus Bund, Land und Kommune eingeweiht ("Flugzeugabsturz" über dem Stadtteil Kaltenmoor). Interessant ist, daß das damalige Bundesamt für Zivilschutz in Bonn einen Film über dieses Ereignis drehen wollte. Gedreht wurde auch, aber nie geschnitten. Die ungeschnitten Streifen liegen heute als kleiner Schatz im Archiv des FHZB in Hamburg und dürften meiner Meinung nach das einzige Filmmaterial aus einem HKH in "voller action" sein.
Das ehemalige HKH dient heute als Lagerstätte für alte Akten, Theaterkulissen usw. Inwieweit da noch eine Schutzraumfähigkeit besteht, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn überhaupt, dann nur noch mit viel Vorlauf.

Die damalige Bezirksregierung (heute ist das eine "Regierungsvertretung") hatte unter ihrem Neubau an der Reichenbachstraße (Postadresse aber: Auf der Hude 1) einen Schutzraum. Der war allerdings keine Tiefgarage, sondern wurde teilweise auch als Lager für alles behördenspezifische genutzt. Er sollte gleichzeitig der Aufnahme der Ausweichstelle der Behörde dienen. Dafür waren besondere Räume vorgesehen. Die Schutzraumausstattung war zum größten Teil nicht aufgebaut eingelagert. Der vordere Teil der Anlage mit großen Toren diente auch der Unterbringung einiger Dienstwagen.

Der Stab HVB war bis Mitte der 80er Jahre in den oberirsdischen Räumen der alten Kreisverwaltung untergebracht. Im 1.OG wurde die Etage dann umgebaut: Aus dem Sitzungssall wurde der Stabsraum, in den Büros der Verwaltungsangestellten wurden die Sachbearbeiter und Fachberater untergebracht. Alle Räume wurden dann über fliegendes Feldkabel mit der Vermittlung der Fm-Zentrale HVB verbunden, die ebenfalls erst errichtet werden mußte. Schutzfaktor hierbei sicherlich -10.
Mitte der 80er Jahre wurde auf dem Nebengelände das neue KFz-Amt gebaut. Dort wurde der Keller dann gleich als neuer Stab HVB ausgelegt. Angelehnt ist die Raumaufteilung an die ca. zur gleichen Zeit entstandene Musterbefehlsstelle in Ahrweiler an der heutigen AKNZ (heute schon wieder überholt). Die Räume verfügen allerdings über keinen Schutz (außer vielleicht einer verstärkten Decke?) Die Kreisverwaltung nutzt diese Räume im Alltag zur EDV-Schulung).

Zu den Themen AMASt und BAMSt lasse ich Thomas als Fachmann den Vortrítt, er kann das sicherlich viel besser und kenntnisreicher darstellen.

Es gab noch weitere Schutzräume unter Bauten des Bundes oder des Landes in Lüneburg, allerdings waren das Behördenschutzräume und keine öffentlichen Anlagen.
...und jetzt noch mal schnell zu www.thw-lueneburg.de , der aktuellen Seite mit News aus der wunderbaren Welt des Helfens!

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derlub
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Beitrag von derlub » 22.11.2009 18:56

Hallo.

Vielen Dank für die ausführliche Erläuterung. :thumbup:
Mal sehen, was Thomas noch zu der AMASt und den BAMSten sagen kann.
Godeke hat geschrieben:Realschule. Meines Wissens und Unterlagen nach hatte es allerdings nicht 800, sondern 400 Betten.
Bei der Bettenkapazität des HKH Oedeme muss ich mich verbessern. Es waren wohl tatsächlich nur 400 Betten.
Ich habe hier noch 2 Artikel aus den 70er Jahren liegen, aus denen ich folgendes entnehme:
-400 Patientenbetten
-über 100 Personalbetten
-5 Mio. DM Baukosten
-Bauzeit 70-75
-Nutzfläche 2.600 qm
-84 Räume.
Anbei ein paar Fotos der beschriebenen Großübung.

In Lüneburg fällt mir noch ein Getreidelager der Zivilen Notstandsreserve (ZNR) ein. Das ist heute noch für solche Fälle eingeplant und daher nenne ich hier mal nicht den Standort.
Godeke hat geschrieben:Es gab noch weitere Schutzräume unter Bauten des Bundes oder des Landes in Lüneburg, allerdings waren das Behördenschutzräume und keine öffentlichen Anlagen.
Diese Behördenschutzräume würden mich auch interessieren. MagstDu das vielleicht noch näher erläutern?

Grüße,
Christoph
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Kats-tom

Re: Katastrophenschutzeinrichtungen in Lüneburg

Beitrag von Kats-tom » 14.01.2010 13:29

derlub hat geschrieben:Hallo.
3) Für den Kreis Lüneburg waren unter anderem folgende KatS-Einrichtungen vorbereitet:
1xStab-HVB
1xAMASt
2xBAMSt
FRAGE: Wo waren diese Einrichtungen genau untergebracht und waren sie luftschutzmäßig gesichert?
Die AMASt wird vermutl. in den Räumlichkeiten des HVB angegliedert gewesen sein. Die BAMSten müssten theoretisch an Orten mit einer guten Rundumsicht gewesen sein.

Ich würde mich freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte (Godeke, Kats-tom?).
Hallo Christoph,
sorry für die verspätete Antwort, ich habe lange nicht mehr ins Forum geschaut...
1. Der Stab HVB war (und ist) im Kellergeschoss des Starssenverkehrsamtes untergebracht.
2. Die AMASt Lüneburg war bis zu deren Auflösung (muss so 1999-2000 gewesen sein) ebenfalls in einem Raum in diesem Keller untergebracht. Unsere Dienstabende haben wir dann auch im Stabsraum abgehalten.

3. Die uns zugeteilten BAMSten waren
- Gellersen (Sollte im V-Fall im Gebäude der Kläranlage Kirchgellersen untergebarcht werden). Tatsächlich habe ich in den frühen 90igern die letzte Übung in der Gemendeverwaltung in Reppenstedt mitgemacht.
- Bleckede; hier weiss ich nicht, wo diese eingerichtet werden sollte

Die luftschutzmässige Sicherung aller Liegenschaften war eher gering, da es sich um "normale" Kellerräume (AMASt/ Stab) oder Büros (BAMSt) handelte.
Die Rundumsicht in Gellersen ist auch eher schlecht, da es keine größeren Erhebungen gibt. Alles in Allem bestanden solange ich aktiv im Dienst in Lüneburg war (1989-2000), die BAMSten eher auf dem Papier. Die AMASt war sehr aktiv auch in der friedensmässigen Gefahrenabwehr, da wir auch die Messfahrzeuge des jetzigen ABC Zuges besetzten und regelmässige Messfahrten durchführten.

Thomas

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derlub
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Beitrag von derlub » 15.01.2010 18:50

Hallo Thomas.

Herzlichen Dank für Deine informative Antwort. Immer wieder schön und vor allem wertvoll, Informationen von damals Beteiligten zu erfahren.

Grüße,
Christoph

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