Grenze DDR / Gebiete westlich des Eisernen Vorhangs

Bauliche Infrastruktur der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und des Eisernen Vorhangs
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Thunderhorse
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Beitrag von Thunderhorse » 25.05.2007 17:57

Zur Tätigkeit der dt.-dt. Grenzkommission/Vermessungstrupps wird es im Web nicht sehr viel geben.

Die Teilnehmer bei der Grenzmarkierung und Vermessung waren auf einen sehr engen Kreis beschränkt.
Vertreter der Regierung beider dt. Staaten, Angehöriger der Vermessungsämter beider Staaten (aus den jeweils zuständigen Ländern, Bezirken), Angehörige des BGS, GT und in Bayern zeitweise der Bayerischen Grenzpolizei.

In der Grenzkommission selbst waren noch Vertreter vom Zoll, Wasser-, Forst- und Fischereiwirtschaft, Landesregierungen, Bergbau und bei Bedarf von anderen Behörden und Instituitionen.

Bei Grenzkontrollen (Begehung des jeweiligen Grenzabschnittes) der Grenzkommission und Arbeiten der Vermessungstrupps beider Seiten wurden die Grenzabschnitte westlich und östlich des Grenzverlauf von den Grenzüberwachungsorganen der BRD und den Grenzssicherungsorganen der DDR freigemacht.
Uniformierte Kräfte sollten in diesen Zeiträumen im Umfeld nicht erkennbar sein.
Lediglich zu offiziellen Terminen, z.B. setzen des ersten Grenzsteins bei Lübeck, Einweihung Hochwasserrückhaltebecken bei Coburg, etc. war die Presse anwesend.

Es gibt von Teilnehmern der Grenzbegehungen/Vermessungstrupps "private" Fotos.

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Helmholtz
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thüringer Zipfel

Beitrag von Helmholtz » 25.05.2007 21:05

@ Phlac

Da muß ich mich eventuell etwas verbessern und konkretisieren, das stimmt.

In dem konkreten Fall weiß ich lediglich sicher, dass bis irgendwann in den 80ern soweit ich mich entsinne die Autobahn Frankfurt/Main-Berlin zwischen Wildeck Obersuhl und Wommen nicht befahrbar war.

Irgedwann noch zu DDR Zeiten wurde diese dann durchgehend geöffnet und das Gebiet nordwestlich der Autobahn war zumindest für "normale DDR Bürger" tabu.
Also müssen auch südöstlich der Autobahn Sperranlagen existiert haben, da ja jeder Bundesbürger dort herumfahren konnte wie er wollte!

Das mit dem "ausgemauert" im wörtlichen Sinne stimmt hier also so nicht ganz, eher eine Art "ummauerte Insel" müßte das gewesen sein.
Es war aber auch nicht so dass dort Ortschaften wären wie in Fällen grenznaher Dörfer wo Einwohner mit Passierschein ein und ausgingen.

Förster oder Bauern wirds da schon ab und an gegeben haben, war aber doch tendenziell eher menschenleer.

Interessant wäre konkret hier sicher der Ablauf der Geschichte, worüber ich aber nichts finden konnte.
Obacht Nebenkeule!

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Beitrag von Thunderhorse » 25.05.2007 23:18

Das auf DDR-Gebiet gelegene Teilstück der A4 war bis zum Juni 1990 nicht befahrbar.
Ab dem 03.04.1990 wurde durch Firmen aus der BRD das 12 km lange Teilstück wieder soweit in Stand gesetzt, das eine einspurige Bundesstraße daraus wurde.
Am 13.06.1990 wurde das zunächst einspurig in beide Richtungen befahrbare Teilstück durch den Thüringer Zipfel zwischen Wommen und Obersuhl für den Verkehr freigegeben.

Bis zur Grenzöffnung und noch einige Zeit danach, verlief die Trasse des Grenzsperrsignalzaun (Hinterlandzaun) westlich entlang der stillgelegten Autobahn.
Der GSSZ war im Februar 1990 entlang der Trasse A4 größtenteil bereits abgebaut.
Der Verlauf des vorderen Sperrzaun und die Trasse des Kolonnenweges ist auf Google Earth ja noch zu erkenne, ebenfalls der eigentliche Grenzverlauf zwischen Thüringen und Hessen.

Der Bereich zwischen den beiden Zäunen war außer für Angehörige der GT und des MfS bis zur Grenzöffnung Tabu.
Arbeiten der Forst- und Landwirtschaft fanden dort, vorher nur unter Aufsicht der GT statt.

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Beitrag von petzolde » 26.05.2007 01:32

... bis zum Juni 1990 nicht befahrbar...
Warum? Weil die Grenze drüber ging?
Oder weil Teilstücke, insbesondere Brücken, im WK2 noch nicht fertig geworden waren? Wie ich das "schemenhaft" in Erinnerung habe, hätte man bei Kriegsende von Westen her bis Herleshausen/Grenze fahren können, wenn keine Grenze gewesen wäre.
Östlich der Grenze wurde in den 70ern nach dem Grundlagenvertrag mit Westgeld ein fehlendes Stück Autobahn (insbesondere eine große Talbrücke) gebaut, d.h. um 1970 mußte man dort noch eine Landstraße benutzen.
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Beitrag von Thunderhorse » 26.05.2007 16:50

Du hast Deine Frage schon selbst beantwortet.

Das Teilstück im Thüringer Zipfel lag im Grenzgebiet/Sperrgebiet der DDR. Die Reisenden nach Erfurt oder Leipzig mußten ein kurzes aber Zeitaufwändiges Stück über Bundesstraßen um den Zipfel herum fahren.

Der Neubau der GÜST Wartha auf DDR-Seite hatte damit nichts zu Tun.
Diese und die erforderlichen Bauten der A4 auf Thüringer Seite wurden in dne 80-er Jahren durchgeführt.

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Beitrag von petzolde » 26.05.2007 22:52

Ja, es war zeitaufwendig, aber auch spannend. Ganz anders als auf der Autobahn bei Helmstedt-Marienborn...

Soweit ich mich erinnere, wurde die Talbrücke östlich der GÜST zumindest teilweise von Westfirmen gebaut. Mich würde z.B. interessieren,
- wo das Personal der Westfirmen wohnte,
- wie die "Bewachung" erfolgte,
- ob das Baugelände als "Quasi-Ausland" eingezäunt war, und
- in welchem Umfang Ostfirmen zeitgleich dort tätig waren.

gruß EP

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Beitrag von Marcus1969 » 26.05.2007 22:59

Hallo,

also ich bin eher der Meinung, dass die Bundesrepublik die Kohlen dafür bereit gestellt hat, die DDR jedoch den Bau durchführte.
Die DDR war an einem Ausbau dieser Güst weniger interessiert als die Bundesrepublik (siehe Transitautobahn Hamburg Berlin).

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Beitrag von petzolde » 26.05.2007 23:17

Ich meine, Schilder von Westfirmen in Erinnerung zu haben, die die Baustelle zierten.
Grundsätzlich wäre es für die DDR auch einfacher gewesen, von der Bundesregierung direkt bezahlte Westfirmen im Grenzgebiet bauen zu lassen, und zusätzlich noch etliche Millionen (Milliarden) einzustecken, ohne dafür etwas zu selbst tun zu müssen. Außerdem hätte man DDR-Personal ungern so dicht am Zaun arbeiten lassen; Personal von Westfirmen haut sicherlich nicht ab in den Osten....
Außerdem war die Brücke bautechnisch schon etwas aufwendiger. Wenn man selbst so etwas nicht ohne weiteres bauen konnte, brauchte man das in diesem Falle nicht einmal zugeben.
gruß EP

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Beitrag von Thunderhorse » 27.05.2007 09:11

Mit der DDR wurde seit 1977/78 über Verbesserungen im Bereich zwischen Herleshausen und Berlin verhandelt.
Das Teilstück zwischen Eisenach-West und der damaligen Grenze war nur ein Teil.
Im Jahre 1980 wurden dazu Baumassnahmen vereinbart.
Baubeginn war 1981.
Die Vereinbarung enthielt:
-Bau eines Autobahnteilstück zwischen eisneach-West und der Grenze.
-Anschluß an das bei Herleshausen vorhande Teilstück auf Bundesgebiet.
-Bau einer Großbrücke über das Werratal und Sanierung von 6 weiteren Brücken
-Neubau einer GÜST der DDR.
-Ergänzung der vorhandenen Autobahn ostwärts Eisenach.
-Grunderneuerung von Abschnitten der A4.

Die Baumaßnahmen auf DDR-Gebiet wurden von der Bundesrepublik finanziert, durchgeführt durch die DDR, teilweise unter Vergabe an westliche Firmen.
Baukosten. 268 Millionen DM.
Die Großbrücke über die Werra wurde durch eine Baufirma aus der Bundesrepublik errichtet.

Im Juli 1981 wurde durch die DDR die Trasse zur Grenze freigemacht und Erdarbeiten durchgeführt.
Gleiches erfolgte durch die Baufirmen auf Bundesgebiet.

Das Gelände auf DDR-Seite durch einen Zaun weiträumig abgespert.
Im Mai 1983 wurden, nach Sicherung der Grenzpunkte, die Grenzsteine entfernt.
Zur Durchführung von Erdarbeiten und Bau eines Dammes wurde der DDR die Nutzung von Bauraum auf Bundesgebiet gestattet.
Die Übergabe dieses Geländes erfolgte am 16.05.1983 und ist am 01.06.1984 wieder an die Bundesrepublik zurückgegeben worden.
eine Vermessung der Grenze in diesem Bereich und einsetzen der Grenzsteine erfolgte am 19/20.06.1984.

Es gab ein Nutzungsrecht für diesen Bauraum.
Bewaffnete Personen der DDR durften diesen nicht betreten, wenngleich dort auch zivile Kräfte der Sicherheitsorgane der DDR beobachtet wurden.
Auf DDR-Gebiet gab es dazu einen Bauwagen, der als eine Art Führungspunkt durch diese Zivilpersonen und durch die GT genutzt wurde.

Das Areal war durch einen Maschendrahtzaun auf Bundesgebiet, abgeteilt.
Die Bundesrepublik gewährleiste im Rahmen ihrer Möglichkeiten, den reibungslosen Ablauf der Arbeiten. Dazu wurde westlicherseits eine Dauerpostierung durchgeführt, damit keine unbefugten Personend as Baugelände betreten konnten.

Am 15.12.1984, Mitternacht wurde der Neue Übergang: Herleshausen - Wartha eröffnet.

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Beitrag von petzolde » 27.05.2007 09:21

Danke für die guten Infos!
Mein altes Hirn war doch nicht ganz so schlecht...
Allerdings habe ich nichts in Erinnerung, was auf die Wiederinbetriebsetzung des Autobahnabschnitts von der Grenze in Richtung Obersuhl deutet. Im Grunde hat es ja wenig Sinn, auf der Ostseite eine teure Autobahnbrücke und etliche Autobahnkilometer zu bauen, wenn das ganze wenige Meter hinter der Grenze in einen besseren Feldweg mündet. Gab es da schon "Absichtsbekundungen" in den Verträgen?
War die neue Autobahnbrücke eigentlich schon 4-spurig gebaut? Eine Fahrbahnhälfte hätte für den damaligen Verkehr ja ausgereicht.
gruß EP

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