Störballone - Propagandamaterial und Sprengladungen

Luftverteidigung durch Flak und andere Fliegerabwehr, Scheinwerferstellungen, Scheinanlagen und ähnliche Objekte
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EricZ
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Störballone - Propagandamaterial und Sprengladungen

Beitrag von EricZ » 26.05.2004 08:44

Moin,

wer hat schon einmal etwas gehört oder gelesen von folgendem Kampfmittel:

Ab 1942 müssen die Alliierten erstmalig ein für die deutsche Abwehr nur sehr schwer zu erfassendes neues Kampfmittel in Erscheinung treten gelassen haben:

S t ö r b a l l o n e

Bei entsprechend günstigen Windverhältnissen wurden Störballone gestartet, die mit Propagandamaterial gefüllt waren, aber auch an Seilen hängenden Sprengladungen mit sich führten. Solche Ballone müssen bis in die Slowakei und nach Ungarn gelangt sein.

Im August 1942 muß die deutsche Abwehr erstmalig einen solchen Störballon bei Erfurt abgeschossen haben.

Im Dezember 1942 wurden durch Störballone im Westen (?)Hochspannungsleitungen zerstört und ein mehrstündiger Produktionsausfall in wichtigen Produktionsstätten verursacht.

Hat jemand schon mal etwas zu diesem Aspekt des Luftkrieges - außer im dicken Koch - gelesen?

Grüße Eric
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klaushh (†)
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Ballons

Beitrag von klaushh (†) » 26.05.2004 15:52

Moin, moin!
Solche Dinge sind keine Erfindung der Amis ann 1942.
Bereits 1870/71 wurden Ballons verwendet, um vor allem Post aus dem eingeschlossenen Paris nach draußen zu befördern.
Die Japaner haben Ballons über den Pazifik geschickt, die vor allem Propagandamaterial in die USA bringen sollten (so gelesen in den 50-er und 60-er Jahren in Berichten über den Krieg im Pazifik).
Gruß
klaushh

cisco
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Beitrag von cisco » 26.05.2004 16:10

Und waren auch die ersten "Bomber" im Krieg.
Wenn ich mich richtig erinnere war das 1905(?) bei der Belagerung von Triest.
Zur Luftaufkärung wurden Ballons in Frankreich das erste Mal 1794 eingesetzt (Quelle: Gröhler, Geschichte des Luftkriegs)

Gruß

Cisco

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Leif
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Beitrag von Leif » 19.10.2004 20:47

Hi Eric.
Hier ein Zeitungsausschnitt vom 2. Oktober 1942. Er wurde zweimal bis Juli 1943 veröffentlich in Kiel. (Weiter bin ich noch nicht gekommen bei der Suche nach der Verordnung zu LS-Pfeilen :) )

Viele Grüße,
Leif
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EricZ
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Beitrag von EricZ » 03.02.2005 09:11

Moin,

nachdem mir Leif geholfen hat :) , dieses Thema wieder zu finden, möchte ich auf den folgenden Link zum Thema aufmerksam machen: http://www.schatzsucher.de/Foren/showthread.php?t=16833

Grüße, Eric

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Leif
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Beitrag von Leif » 03.02.2005 22:34

Hi Eric.
Wenn ich mir den Beitrag dort so ansehe, geht es dort um Luftsperrgerät, also Ballon und Drachen. Aber dazu ist in der Fachliteratur schon so viel geschrieben worden...

Viel Grüße,
Leif

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EricZ
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Beitrag von EricZ » 03.02.2005 22:47

Hallo Leif,

ich habe speziell an die von Claus eingestellte "Vergleichende Darstellunge freifliegender engl. Ballone" gedacht.

Nach meiner Einschätzung könnte das zumindest auch das sein, was ich im Koch über die Störballone in etwas abstrakterer Form habe zu mir nehmen können...

Grüße, Eric
Zuletzt geändert von EricZ am 04.02.2005 12:56, insgesamt 1-mal geändert.


Blueeye2307
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störballone

Beitrag von Blueeye2307 » 01.12.2013 20:10

In meinen Unterlagen habe ich folgende Tagebucheintragungen der Ortspolzei gefunden:

Am Donnerstag, den 29. 10. 1942, teilte Frau XXX (Varlar-Heide) mit, daß in der Nähe ihres Hofes eine Flasche mit einer gelben Flüssigkeit liegt. Eine Prüfung an Ort und Stelle ergab, daß in einer Entfernung von 30 bis 100 m insgesamt sieben englische Brandflaschen gefallen waren. 3 Flaschen waren zerschellt; die übrigen vier Flaschen unbeschädigt.

Es handelt sich um die englische Brandflasche von 0,75 kg. Gewicht. Sie be­steht aus einer 16 cm. hohen Flasche, welche mit einer Blechkappe (oben rot) abgeschlossen ist. Der Flaschenhals ist umrandet mit einer weißlichen Hülse, in der eine Eisenkugel liegt, welche an einem 20 cm. langen Bindfaden und einer 40 cm. langen weißen Stofffahne befestigt ist.

Die Brandflaschen sind gefüllt: unten mit 220 Gramm Zündflüssigkeit (Phos­phor und Schwefel – 9:1); in der Mitte mit einem schmalen Streifen von 13 Gramm Benzol und oben mit 100 Gramm Brandmasse (Benzol-Kautschuk-Phosphor).

Wirkungsweise: Die 300 ccb. Flüssigkeit fassende Glasflasche mit Kronkork­verschluß dient zur Aufnahme der Brandflüssigkeit. Über dem Kronkorkver­schluß befindet sich in einer aufgeschobenen Blechhülse eine Eisenkugel.

Durch einen Druck auf die Mitte des Kronkorkes öffnet sich der Verschluß. Beim Abwurf der Flasche dient ein Leinwandband zur Stabilisierung der Flug­bahn. Gleichzeitig hält es durch einen dünnen Bindfaden die Kugel im Oberteil der Blechhülse fest. Beim Aufschlag wird, falls die Flasche auf weichen Unter­grund fällt und nicht zerschellt, durch den Aufprall der Kugel auf den Kronkork dieser geöffnet und die Flüssigkeit durch den Luftzutritt entzündet.

Der Abwurf geschieht aus Blechbehältern, in denen je 7 Flaschen unterge­bracht sind, mit Freiballonen. Beim Aufschlag der Flaschen wurden 6–8 m hohe Stichflammen beobachtet."


"Am 7. Januar 1943 setzte morgens gegen 6 Uhr die elektrische Stromliefe­rung aus. Um 7 Uhr wurde gemeldet, daß bei dem Hofe XXX in Osterwick, Höven ein Störballon in der Stromleitung hänge. Mit Hilfe von Fachleuten der VEW wurde dieser Ballon dann herausgezogen. Unter dem Bal­lon hing ein mit Petroleum gefüllter Ausgleichsbehälter, an dem ein 100 m. langer Eisendraht befestigt war. Die Stromzufuhr war dann in der Zeit von 9–10 Uhr gesperrt.

2 weitere Störballone sind am gleichen Morgen in der Richtung Varlar–Holt­wick, niedrig fliegend, beobachtet worden.

Am 13. 2. 1943 wurde ein beschädigter Störballon mit Ausgleichsbehälter auf einem Grundstück in der Nähe des Hofes XXXX in Holtwick-Hegerort gefun­den."




Stellv. Generalkommando VI. A.K. O.U. Varlar, den 10. Juni 1944.
(Wehrkreiskommando VI)



Gegenwärtig:

Major u. Dienststellenleiter XXXX

Feldwebel XXXXX
als Schriftführer.



Es erscheint der Oberschirrmeister Fritz XXXX, Stellv. Gen. Kdo. VI. A.K. (Wehrkreiskraftfahroffizier) der Person nach bekannt und gibt an:

Am 9.Juni 1944 abends saß ich mit Inspektor ... und Kriegswerkmei­ster ...in meinem Zimmer zusammen, als durch die Oberförsterei gegen 24 Uhr angerufen wurde, daß vor der Oberförsterei ein Brand sei. Es wurde gesagt etwa: Ich vermute, daß es sich um eine Brandbombe handelt. ist eigentlich Alarm. Es wurde geantwortet, wir kommen sofort herüber. Das Gespräch wurde dann abgebrochen und bei der Vermittlung des Panzerbrigadestabes in Coesfeld angerufen und gefragt, ob Alarm oder Voralarm sei. Von dort aus wurde gemel­det, daß beides nicht der Fall sei. Wir haben einen Sandbehälter mitgenommen und sind dann mit drei Mann sofort zur Brandstelle gefahren. Wir sind vorsich­tig an den ca. 1 ½ qm großen Brandherd herangegangen und haben diesen mit Sand abgelöscht nachdem wir uns überzeugt hatten, daß irgendwelche Spreng­körper nicht zu sehen waren. Während des Ablöschens war in größerer Entfer­nung eine größere Anzahl Schüsse zu hören (ca 50). Diese Schießerei brach plötzlich ab. Man hatte den Eindruck, daß dort eine militärische Nachtübung stattfände. Eine spätere Anfrage bei dem Batl. 4 und dem Nachrichtenzug der Brigade ergab, daß über eine militärische Übung dort nichts bekannt war.

Nachdem die Flammen erstickt waren, sah man erst, daß ein größerer Teil der Umgebung leuchtete, so daß es sich offenbar um Phosphor handelte. Daraufhin wurde sofort der Wagen (WH 1464242) aus diesem Bereich entfernt und dabei wurde dann auch festgestellt, daß auch unsere Kleidung von Phosphor be­schmutzt war. Wir haben dann mit den Hausbewohnern gesprochen, daß nie­mand die Phosphorzone betreten dürfe und auf die Gefahr hingewiesen, welche dadurch entsteht, das Phosphorspuren auf Teppiche usw. verschleppt werden. Die Phosphorspuren an unserer Kleidung haben wir so gut wie möglich entfernt. Eingeschaltet sei noch, an der Brandstelle lagen Glaßplitter von einer Flasche, ein Flaschenkopf mit Selterwasser-Patentverschluß, kleine weiße Stücke die wir für Karbid gehalten haben und im Dunkeln nicht leuchteten aber nach Karbid rochen.

Außerdem war am 10. 6. morgens noch ein starker Phosphorgeruch bemerk­bar.

Von der Oberförsterei aus habe ich die Polizei in Coesfeld angerufen, da in dem Dorf Osterwick ja nur ein Beamter vorhanden ist und es entwickelte sich ein längeres Telefongespräch. Nachdem ich dem am Apparat anwesenden Be­amten den Vorfall geschildert hatte und sich im Laufe der Unterhaltung eine recht große Schwerfälligkeit in der Auffassung ergeben hatte, erklärte der Be­amte, daß er versuchen wolle, einen Beamten der Streife nach Varlar zu schicken. Bisher ist ein derartiger Mann hier nicht erschienen. Etwa 1 Stunde nach Verlassen der Brandstelle begann meine Hose an einer kleinen Stelle zu glimmen mit großer Hitzeentwicklung. Die Stelle wurde sofort wieder abge­löscht und die Hose liegt vorläufig im Wasser. Ebenso sind die beschmutzten Stiefel so mit nassem Sand eingepackt, daß ein Brand nicht entstehen kann."

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Beitrag von EricZ » 02.12.2013 10:42

Vielen Dank für die sehr interessanten Tagebuchauszüge zu verschiedenen Aspekten der Störballone. Neu ist für mich, daß diese Art von Kampfmitteln noch 1944 zum Einsatz gekommen sind! :thanx:

Gruß, Eric
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