Elektra 2 / Sonne 8 in Husum

Funkmess-, Funkpeil-, Funkleit- und Funkstörtechnik des 2. Weltkriegs
hebbel
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Beitrag von hebbel » 05.01.2010 11:59

Nebenbei...
Die Station Husum scheint nur eine geringe "Halbwertszeit" gehabt zu haben, wenn man dem NSA-Material "Elektra-sonne Facilities (as of May 1944)" folgen möchte. Da ist Husum (noch) nicht aufgeführt. -> http://ibiblio.org/hyperwar/ETO/Ultra/S ... 25-p52.jpg
Husum ist natürlich kein Phantom. Die Signatur AVIA 6/12437 in den National Archives, Kew, weist im "Scope and content" die Eintragung "German Sonne navigation system: technical equipment of Husum Sonne station" aus. Covering Date ist 1945. Es gibt da noch mehr Material zu Elektra-Sonne. Es ist ja bekannt, daß die Briten erbeutete Hyperbelschar-Karten angepasst und nachgedruckt und das System während des Krieges selbst genutzt haben. Husum war die einzige "Consol"-Station (Elektra-Sonne), die nach dem Krieg auf deutschem Hoheitsgebiet lag. In einem dt. Buch über maritime elektronische Standortbestimmung und hierzu durchgeführte Messungen (Drucklegung 1949) wird angeführt, daß für das "Consol"-Verfahren im in Frage kommenden Bereich die Stationen Bushmills (Da wo ein bekannter nordirischer Landwein gebrannt wird.) und Stavanger (Varhaug) zur Verfügung stehen. Auch spätere Manuals für maritime RX erwähnen nur Bushmills und Stavanger.
Natürlich sind die Stationen schon längst stillgelegt. Leider kann man in GE bei beiden Standorten (Stavanger: Position: 58°, 37', 32" N, 5°, 37', 49" E; Bushmills: Position: 55°, 12', 20" N, 6°, 28', 0.2" W) nicht einmal nach Relikten schauen.
Bushmills sei deshalb erwähnt, weil diese Station durch die Briten erst "kurz nach dem Krieg" errichtet wurde. Möglicherweise (Spekulation) fand dort Equipment aus Husum Verwendung.

Gruß
Dieter

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Beitrag von nordfriese » 06.01.2010 21:22

Moin!

Wie schon erwähnt, kommt mir das ganze ein wenig komisch vor.

Warum scheibt ein (für mich) offizielles Dokument der Briten
(An Account Of The Part Played By The Royal Air Force in Dissolving The Luftwaffe. - o.O. :
Air Headquarters British Air Forces Of Occupation, 1947. - Fotokop. - 3 Bde)
Oldenburg, wenn es nicht in Oldenburg ist/war?

Ich glaube, es ist wohl mein Schicksal, dass, wenn ich in NF etwas finde, sich
sofort wieder neue Fragen aufwerfen. Aber es ist schon beruhigend, dass ich nicht der
einzige bin. ;)

Gruss aus NF!
Rolf

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Elektra / Sonne

Beitrag von nordfriese » 10.01.2010 00:06

Moin!

Nachdem ich mich mit ZF und SES ausgetauscht hatte und
sie mir ein wenig auf die Sprünge geholfen haben, habe
ich nochmals in die Chronik von Poppenbüll geschaut.

Die Schulchronik sagt folgendes:

"Mitte 1941
Wehrmacht auf Neukrug:
1. Landeschützenzug 29/XI. Oblt. Thode, Feldw. Nausch
2. Funker, Chef-Ing. Wolter (Hauptm.), Feldw. Köhler
3. III. Zug Flak, 3 Geschütze (Wachtmeister Berndti)

Beim Funkturm 5 Baracken."

Ich habe diesen Abschnitt schon einmal zitiert und zwar
unter "Marine-Funkmessstellungen" zum Thema "Pelikan".
Damals war nicht klar, was es mit diesem Funkturm auf
sich hatte. Ich hatte den Verdacht, dass die Anlage
vielleicht zum "Pelikan" gehören könnte.

Es handelt sich aber um den Mittelmast der Elektra/Sonne-
Anlage, die laut Trenkle in Husum zuhause gewesen sein
soll. Die beiden Aussenmasten werden wohl deshalb nicht
erwähnt, weil sie ausserhalb der Gemeindegrenze von
Poppenbüll waren.

Auch ein Bild der Barackenanlage ist in der Chronik
vorhanden. Die Bildbeschreibung lautet:
"Der Funkturm.
Während des 2. Weltkrieges erbaut. Diente zur
Funkverbindung mit Flugzeugen und Schiffen.
Zur Tarnung war der Turm sehr dünn und die
Unterkünfte ortsüblich mit Reth eingedeckt.
Die Lage war gegenüber der Schule Neukrug im
Süderheverkoog."
(Der Funkturm selbst ist leider nicht abgebildet;
Funkverbindung ist so natürlich nicht ganz richtig,
aber die Chronisten haben sich da wohl an Beobachtungen
und Erzählungen von ortsansässigen Augenzeugen gehalten)

Nach Vergleichen mit anderen Elektra-Anlagen kam ich
auf einen Multiplikator von etwa 2,7 bei der Errechnung
der Abstände der Masten.
Bei einer Sendefrequenz von 481 kHz ergibt sich eine
Wellenlänge von 623m. Mit 2,68 multipliziert ergibt es
dann etwa 1,67 km.
Dies ist der Abstand vom Mittelmast in Neukrug zum
jeweiligen Aussenmast.

Also habe ich in der Gegend die Altbauern nach Antennen-
masten gefragt. Sowohl im Süden als auch im Norden wurde
ich fündig. Die Positionen konnten ziemlich genau wieder-
gegeben werden und lagen in etwa da, wo ich sie vermutet/
errechnet hatte. Auch Kabel auf hölzernen "Telegrafen-
masten" jeweils in Richtung Neukrug wurden, ohne dass ich
nachgefragt habe, erwähnt. Und natürlich dass die Masten
zur "Funkstelle" Neukrug gehörten. Die Masten waren 3-fach
verspannt. Weder Fundamente der Masten, noch der Ver-
spannungen sind heute noch zu sehen. Der Landwirt am
nördlichen Mast erzählte auch, dass ein Ingenieur (er sagte
wortwörtlich Ingenieur und nicht Soldat o.ä.), der am
nördlichen Mast Dienst tat, immer auf dem Hof seiner Eltern
zu Mittag gegessen hat.

Zu erwähnen wären noch zwei Chronikdaten:

"28. Juni 1943
Der Rest der Funker verläßt die Station Neukrug."
(Abbau von "Elektra" ?)

"15.0ktbr. 1944
Wehrmacht baut Funkstation Neukrug wieder auf."
(Aufbau von "Sonne-8" nach Abbau in Holland ?;
lt. britischen Unterlagen soll Sonne-8 vorher mal in
Holland gestanden haben)


Gruss aus NF!
Rolf
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Re: Elektra / Sonne

Beitrag von hebbel » 10.01.2010 11:01

Sehr schön. Glückwunsch und Danke!

Die 2,7 Lambda sind schon ein guter Wert. In der von SES beigesteuerten Zeichnung steht, wenn ich es richtig entziffert habe, "...with a distance of 2,88 Lambda from centre to outermasts". Das deckt sich mit folgender Anmerkung:

Aus den Vorträgen der BHF-Tagung Navigation am 23. und 24. März 1944 beim Ferdinand-Braun-Institut in Landsberg/Lech , "II. Navigation mit Bodenwellen, Betrachtungen über die physikalischen Grenzen für die Navigationsmöglichkeiten mit Bodenwellen" Beitrag Dr. Wolfgang Pfister:

"Bei Flugmessungen nach der Elektra "St. Peter" in Ostpreussen in einer Entfernung von ca. 800 km wurden Abweichungen von +/- 2 km festgestellt, das sind umgerechnet +/- 0,14°. Die Basis der Antennen beträgt in diesem Fall 5,75 Lambda..." [Das wären 2,875 Lambda von Mast A0 zu Masten A1/A2]

Natürlich besteht die Möglichkeit, daß bei der Ausführung etwas Varianz drin ist.

Zu Holland ist mir nur Petten bekannt. http://www.fortendenhelder.nl/radars/elektrasonne.htm Da standen noch Masten bei Kriegsende.

Hier noch die (wieder gefundene) Quelle des Verdachts, daß die Briten Sonne-Elektra Equipment als Reparationen zeitnah nach Kriegsende konfisziert haben könnten:

Aus der wöchentlich erschienenen Publikation "Flight and Aircraft Engineer", Ausgabe vom 16. Mai 1946:
"The first experimental Consol R.D.F. station, was built for the Air Ministry at Bushmills, Northern Ireland, and is now ready for operation. Consol for aircraft or shipping is developed from the German Sonne system and its secrets may later appear as an important item in the list of reparations. lt provides an automatic long-range fix service, and all the operator need do is listen out on 1,140 metres for the morse signal 7-H-7 and then count dots and dashes for sixty seconds. Two counts from different transmitters provide a fix. ..."

Gruß
Dieter

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Beitrag von hebbel » 16.01.2010 20:02

Hier ging es ja um Husum. Sind denn andere Elektra-Sonne-Anlagen, z.B. die spanischen Anlagen interessant?

Gruß
Hebbel

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Beitrag von nordfriese » 23.03.2010 23:45

Moin!

Ich habe mich nochmal ein wenig auf Eiderstedt herum-
getrieben, Zeitzeugen ausfindig gemacht und befragt.

Die Positionen der Masten, so wie die Briten sie
zu Kriegsende übernommen haben, habe ich ja schon
gepostet, sie wurden auch von mehreren Zeitzeugen
bestätigt, jedoch wunderten mich die Einträge in der
Poppenbüller Chronik.

Am 10. Aug. 1943 baut die Wehrmacht die Funkstation
ab.

15.0ktbr. 1944
Wehrmacht baut Funkstation Neukrug wieder auf.


Abbau...(?) Aufbau...(?)


Ein Zeitzeuge, der am Südmast der Anlage aufgewachsen
ist, erzählte mir nicht nur vom Südmast und den Leitungen
in Richtung Neukrug, sondern er erwähnte auch eine weitere
"Fernmeldeanlage" in Tating.

In einer Ausgabe der "Tatinger Hefte", herausgegeben vom
Tatinger Heimatverein, fand ich dann einen Hinweis auf
eine "Peilfunkstelle" in Tating:


"Die Peilfunkstelle in Tating

...in der Nähe des Hauses Lokert 8, lag in den ersten
Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges ab 1939 eine Peil-
funkstelle. ...

... Die Peilstelle hatte die Aufgabe, die Einsätze der
Flugzeuge (Bomber) nach England zu leiten. ...

... Mit der Besetzung Frankreichs wurden diese Einsätze
von der Kanalküste aus geleitet. Somit war die Peilstelle
in Tating überflüssig und wurde wieder abgebaut."

(Peter Timon (+) aus Tatinger Hefte - Beiträge zur Orts-
geschichte, Heft 9 - 2005)


Zunächst dachte ich an eine weitere "Was auch immer"-
Anlage in Tating. Ein Zeitzeuge wusste zu erzählen, dass
diese Anlage aus einem einzigen Mast bestand und am Mast
eine Baracke stand.

Ein Rechenfehler eines guten Bekannten öffnete mir dann
die Augen.
Ich erzählte ihm von der Elektra/Sonne-Anlage in Neukrug
und er, als Elektroniker "alter" Art, berechnete anhand
seiner Trenkle-Bücher sogleich die Masten-Absände.

Er legte 6 (bzw 5,7) Lambda, wie es in den Trenkle-Büchern
steht, zugrunde und landete, von Neukrug aus gesehen, in
Tating und zwar im Bereich von Lokert 8(!!!)

Es scheint also, dass die Elektra-Anlage zu Beginn des
Krieges mit Lambda 5,7 und später dann Sonne mit Lambda
2,88 als Mastentfernung aufgebaut wurde.

Fehlte also nur noch der Elektra-Nordmast. Fündig wurde
ich im Augustenkoog. Auch hier fand ich einen Augenzeugen,
der von einem Mast und einer Baracke berichtete. Er wusste
auch zu erzählen, dass der Mast zur Anlage in Neukrug und
Tating gehörte.

Anbei noch ein paar Fotos aus Neukrug. Es liegen noch
vereinzelt Ziegelsteine auf dem Acker. Auch Metallstreifen
sind noch zu finden (Bild IMG_0009). Es könnte sich hierbei
um Reste der Erdungsbänder des Mittelmastes handeln. Beton/
Fundamente sind ebenfalls noch in der Erde (IMG_0001).
Teilweise ist noch soviel Beton in der Erde, dass der Acker,
wie auf Bild IMG_0008 zu sehen, nicht gepflügt werden kann.

SES war so nett mir ein Foto des 2km östlich des Zentralmastes
liegenden Kontrollmastes mit der dazugehörenden Baracke zu
schicken. Im Hintergrund ist ein Haus zu sehen. Dieses Haus ist
"fast im Orginalzustand" noch vorhanden. Dort wo die Kontroll-
baracke stand ist jetzt ein mit Wasser gefülltes Loch (IMG_0011).

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Positionen der
Masten aus Überlieferungen von Zeitzeugen stammen und nicht
auf den Meter genau sind.

Gruss aus NF!
Rolf
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Infos zur Anlage

Beitrag von Wolkser » 13.02.2016 10:27


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Beitrag von nordfriese » 13.02.2016 13:49

Moin!

Danke für den Hinweis auf die PDF!

Gruss aus NF!
Rolf
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Beitrag von Renev709 » 16.06.2016 02:10

another link (South of Den Helder/Petten)with more info:
http://www.bunkerinfo.nl/2010/01/elektra-sonne_5.html

Rene

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