Lufthauptmunitionsanstalt I/XI Hambühren

Im Jahre 1939 begann der Aufbau dieser Anlage mit einer Gesamtfläche von mehr als 4qkm in der Nähe von Celle. Dazu und zum späteren Betrieb wurden fast 10.000 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt, die in vier Lagern in Hambühren und sieben weiteren im Nachbarort Ovelgönne untergebracht waren. Hinzu kam ab 1944 nnoch ein unterirdisches Lager auf der 640m-Sohle des Kalischachtes "Prinz Adalbert", wo etwa siebzig Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen ihr Dasein fristen mußten - jede Woche durften sie nur für ein oder zwei Stunden ans Tageslicht.


Mitte 1942 wurde die Produktion von 8,8cm Flak-Munition aufgenommen. Bis zum Ende des Krieges wurden hier angeblich etwa 10 Millionen Schuß gefertigt. Die maximale Kapazität lag bei 920 Tonnen im Monat.

Im März 1944 begann man aufgrund der Bombardierungen der Großstädte mit einem Umzug von Teilen der Focke-Wulf Flugzeugwerke aus Bremen. In einem etwa 40.000 qm großen Bereich (andere Quellen sprechen von 30.000qm) des Schachtes "Prinz Adalbert " sollten - nun unter dem Decknamen "Hirsch" - Teile für die Flugzeugmodelle FW-190, TA-152 und TA-154 hergestellt werden. Da es bis Januar 1945 immer wieder zu Verzögerungen kam, lief die Produktion bis Kriegsende nicht mehr an..


Am 10./11. April 1945 wurde ein Teil der Anlage von den deutschen Truppen gesprengt, da sie nicht in die Hände der heranrückenden britischen Truppen fallen sollte. Am 12. April erreichte die 15th Scottish Division Hambühren. Wie aus dem Kriegstagebuch des 8th Corps hervorgeht, befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch etwa 4.000 Menschen in furchtbarem Zustand in den Lagern.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit sprengten die britischen Truppen weitere Bunker und Anlagen auf dem Gelände, die ehemaligen Luftwaffen-Gebäude wurde von einer Einheit der Royal Electrical & Mechanical Engineers (Pioniere) übernommen, diese wurde 1952 von einer Fernmeldeeinheit der Royal Air Force aus Uetersen abgelöst. Später folgten weitere, die Mission bestand unter anderem im Abhören des Kurzwellen-Funkverkehrs auf der anderen Seite des "Eisernen Vorhangs". Im Oktober 1957 wurde diese britische Einrichtung an die noch junge Luftwaffe übergeben - die Mission blieb im Großen und Ganzen dieselbe.

Während der Berliner Luftbrücke unterstütze eine Einheit der GCLO (German Civil Labour Organisation) die Arbeiten auf dem nahegelegenen Fliegerhorst Wietzenbruch. Diese Einheit war in einem der ehemaligen Lager in Ovelgönne untergebracht. Anfang 1949 schlossen sich Angehörige der Einheit zusammen, um einige der Bunker und Hallen zu Wöhngebäuden umzubauen und so vor der Sprengung durch die Briten zu retten. In der Folge konnten Ende 1950 rund 800 Flüchtlinge aus dem Lager Camp Reinsehlen nach Hambühren umgesiedelt werden.

Munitionslagerhaus 190

Viele der umgebauten Bunker dienen noch heute als Wohn- oder Gewerbegebäude und sind zum Teil nur schwer von "normalen" Häusern zu unterscheiden. Im Wald südlich des Ortes finden sich noch einige wenige Bunkerreste - bei den Sprengungen wurde ganze Arbeit geleistet.


Munitionshaus 65Zünderwerkstatt 300a

An den zwischenzeitlich total überfluteten Kalischacht "Prinz Adalbert" erinnert nur noch wenig. Die Abdeckplatte des verfüllten Schachtes liegt heute auf einem privaten Wohngrundstück.

Schacht Prinz Adalbert

Noch heute ist das Gelände zum Teil mit Munition belastet, so wurde unweit des ehemaligen Schachtes auf einem Spielplatz im Jahre 1999 noch eine Flak-Granate vom Kaliber 8,8cm entdeckt. Die Fernmeldestation der Bundeswehr wurde 1994 aufgegeben, die Gebäude in den Folgejahren größtenteils beseitigt.

Quellen (Auszug):
- Hambühren II - Wie alles anfing, Rainer Fabisch
- Hambühren, Lower Saxony - A Military History 1939-1999, Peter Jackson- Unterlagen des Nieders. Landesamtes für Ökologie
- Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten des zweiten Weltkriegs, Hans Walther Wichert
- Feuersturm über Hamburg, Hans Brunswick
- Geschichte der Muna Langendamm, Ingrid Sprock
- Public Record Office, Bestand AIR 26/505
- US Strategic Bombing Survey, European Theater of Operations
- Das nationalsozialistische Lagersystem, Martin Weinmann
- Unruhige Zeiten, Rainer Schulze
- Besondere Vorkommnisse nicht bekannt - Zwangsarbeit in unterirdischen Rüstungsbetrieben, Annette Wienecke
- Unterlagen des Archivs T.Wolf, Stedden
- versch. Zeitungsartikel
- eigene Recherchen

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