Haidemühl - ein verlassener Ort am Tagebau

Umsiedelung – das Wort klingt nach Zwang, nach Entwurzelung. Die Gründe für die Auslöschung eines ganzen Dorfes können vielfältig sein. In der DDR wurden Anfang der 1950er und nochmals Anfang der 1960er Jahre zahlreiche grenznahe Ortschaften im Rahmen gezielter Aktionen abgesiedelt und abgerissen. Mindestens genauso häufig und bis heute in West- und Ostdeutschland Realität sind Umsiedlungen aber zur Gewinnung von Flächen für wirtschaftliche Zwecke wie etwa den Braunkohle-Tagebau. So musste Anfang 2006 auch das Örtchen Haidemühl bei Spremberg weichen.

Haidemühl war eine kleine Industriegemeinde etwa zehn Kilometer südwestlich von Spremberg. Sie geht auf den 1548 erstmals urkundlich erwähnten Ort Gosda zurück, der wohl die Keimzelle des späteren Gosda-Haidemühl bildete. Der Ortsname Haidemühl tauchte erstmals bereits im Jahr 1823 in einem Geschäftsbrief des Müllers Mullack auf.

Die Glashütte des Fabrikanten Greiner, wichtigster Wirtschaftsfaktor des Ortes, wurde im Jahr 1835 zusammen mit drei Arbeiter-Wohnhäusern errichtet. Im Jahr 1900 kamen eine Braunkohle-Brikettfabrik und fünf Wohngebäude mit jeweils acht Arbeiterwohnungen hinzu, die Wohnkolonie wurde nach dem Werksdirektor Werminghoff benannt. Haidemühl hatte nun bereits mehr als vierhundert Einwohner, Straßen und ein Gleisanschluß entstanden, 1929 folgte ein Schulgebäude. Zur Hochzeit der Gemeinde Ende der 1930er Jahre wohnten fast eintausendfünfhundert Menschen in Haidemühl.

Haidemühl, Ansichtskarte um 1940

Nach dem Mauerfall traf das Massensterben der teilweise maroden DDR-Betriebe auch die 1280 Beschäftigten des Glaswerks und die etwa 160 Mitarbeiter der Brikettfabrik. Wohl hauptsächlich aus diesem Grund sank die Bevölkerungszahl von 832 im Jahr 1987 über 719 (1995) bis auf 662 im Jahr 2001. 318 Frauen und 344 Männer lebten zu diesem Zeitpunkt im Ort, davon waren 93 Personen arbeitslos gemeldet. Haidemühl bestand damals aus 85 Eigentümergrundstücken und 175 bewohnten Mietwohnungen und hatte eine Schule, eine Kindertagesstätte und ein kirchliches Gemeindehaus.

Dass die Gemeinde zu Gunsten der Erweiterung des Tagebaues Welzow-Süd von der Landkarte verschwinden würde, war bereits seit etwa 1993 bekannt. Ab Anfang 2001 wurde für die Umsiedlung ein neuer Ortsteil gleichen Namens im Gebiet der Stadt Spremberg geplant, erschlossen und vorbereitet, die Umsiedlung selbst fand in den Jahren 2003 bis 2006 statt. Bereits fast zwei Jahre vor der offiziellen Auflösung der Gemeinde zum 1. Januar 2006 begannen die ersten Abbrucharbeiten, im Jahr 2018 wird der Tagebau auch die letzte Spur der Ansiedlung beseitigt haben.

Im Dezember 2012 war bereits nur noch ein kleiner Teil des Ortes erhalten und zugänglich. Mitten durch diese Geisterstadt führt bis heute eine viel befahrene Straße, welche die Szene noch unwirklicher erscheinen lässt. Obwohl der Vandalismus der letzten sechs Jahre unübersehbar ist, vermittelt ein Spaziergang entlang der Ruinen noch heute ein wenig, wie es hier wohl einmal ausgesehen haben mag, wie Menschen hier aufwuchsen, lebten und arbeiteten.

Weitere Informationen zum Thema finden sich auch im Wikipedia-Artikel und auf der Homepage der Gemeinde Haidemühl.

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