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Pulverfabrik EIBIA Dörverden

Eine der Pulverfabrik EIBIA in Bomlitz recht ähnliche Anlage wurde in den Jahren ab 1938/1938, ebenfalls von der Montan-Tochter EIBIA GmbH, bei Dörverden errichtet. Auf dem rund 385 Hektar großen Areal entstanden zunächst 273 Gebäude, darunter neben den eigentlichen Produktionsgebäuden auch zwei Kraftwerke und zahlreiche Betriebs- und Verwaltungsbauten. Nur sieben Gebäude waren unterirdisch, der größte Teil war oberirdisch oder mit einem Erdwall geschützt. Die Wasserversorgung erfolgte über eigene Brunnen, das Abwasser wurde über zwei Leitungen direkt in die Weser geführt. In einem Außenbereich wurde zusätzlich ein gesondertes Lager eingerichtet. Die Bauausführung oblag der Organisation Todt und wurde zum großen Teil von Zwangsarbeitern erbracht.

 EIBIA Dörverden
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Produktionsbeginn war im Jahre 1941, hergestellt wurden verschiedene Pulversorten, darunter Nitrocellulose (NC-Pulver), Rauchloses Pulver (RP), hochporöses Pulver (Salzpulver) sowie zwei Sorten A-Pulver (Weiß- und Blaukreuz, Adamsit/NC). Vom letztgenannten Kampf- bzw. Reizstoffpulver wurden bis Kriegsende immerhin einige hundert Tonnen produziert. Die Gesamtkapazität des Werkes belief sich auf 5.400t/Jahr, sie wurde aber nie erreicht. Während der gesamten Betriebszeit wurden in Dörverden etwa 5.000 Tonnen Pulver hergestellt. Der Grund war, so unglaublich das klingen mag, simpel mangelnde Nachfrage. Als man dies feststellte, wurden die laufenden Bauaktivitäten eingestellt - das Kraftwerk II wurde z.B. nie fertiggestellt.

EIBIA Dörverden
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Die beschäftigten Zwangsarbeiter (meist aus der Sowjetunion, Jugoslawien und Frankreich) waren in umliegenden Lagern untergebracht. Das größte Lager in Barme war mit etwa 1.000 Personen belegt, das sog. Steinlager mit 800, die beiden kleineren Lager Immenhof (auch Wiebelager genannt) und Westen mit 170 resp. 50 Gefangenen. Zahlreiche Explosionsunglücke im Werk führten zu entsprechend vielen Opfern.

Nachdem im März 1945 noch an eine Einlagerung von Kampfstoffmunition in der Anlage nachgedacht worden war, stellte man die Produktion im April komplett ein. Der Befehl zur Sprengung wurde nicht ausgeführt und die Anlage am 10.4.1945 fast unbeschädigt von den britischen Truppen eingenommen. Die eingelagerten Pulverbestände wurden im Jahr darauf fortgeschafft und vernichtet. In den nutzbaren Gebäuden hatte man inzwischen Flüchtlinge untergebracht.

EIBIA Dörverden
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1947 begannen die Demontagearbeiten, bei denen es wiederum zu mehreren Unfällen kam. 1950 folgte die Sprengung der meisten Bauten, nur etwa vierzig Gebäude ließ man stehen. 1952 wurde das Areal freigegeben und nach dem Neubau verschiedener Kasernengebäude im nordöstlichen Bereich von der Bundeswehr übernommen.

Noch bis zur Schließung der dazugehörigen Niedersachsenkaserne im Dezember 2003 wurden Teile des Geländes als Standortübungsplatz  von der Bundeswehr genutzt. Seit einiger Zeit gibt es zivile Nachnutzer, ab 2012 sollen weitere folgen.

Quellen (Auszug):
- Nur keine schlafenden Hunde Wecken - Geschichte der Schießpulverfabrik EIBIA in Dörverden - Joachim Wook u.A.
- Sonderbeilage der Walsroder Zeitung
- Dann kamen die Flüchtlinge, Doris von der Brelie-Lewien
- Geheime Reichssache EIBIA, Helge Matthiesen
- Prädikat Bestbetrieb, Andrea Hesse
- versch. Zeitzeugenberichte
- eigene Recherchen

Tags: Rüstung